02./03.02.2013 - Ice Age im Fläming

Traurig: Die letzte genutzte Nacht im Beobachtungsbuch datiert vom 12.10.2012. Seitdem hielt sich eine beständige Wolkendecke über der Region, die alle Hoffnungen auf Astronomie zunichte machte. Die To-do-Listen wuchsen an, der Herbsthimmel verschwand…


Aber an diesem ganz besonderen Februar-Wochenende war es endlich soweit und wir wurden für die lange Durststrecke entschädigt. Der Wetterbericht sah optimistisch aus! Ich konnte es kaum glauben und stellte das Programm auf, um die Projekte voranzutreiben und den 16-Zöller endlich mal näher kennenzulernen. Einen richtigen Feldeinsatz hatte er noch nicht gehabt; langsam wurde es Zeit. Und so flog ich gegen 17:00 Uhr in Schönebeck ein, um Uwe W. abzuholen. Martin war auch schon dort und lud sein Zeug ein. Kurz darauf fiel dann der Startschuss in den Fläming. Ziel war der gute Standort mit dem Codenamen „Jägerplatz“. Nein, heute wird es keine Jagd geben, denn heute sind wir dran! Wir scheuchten tatsächlich Rehe und Vögel auf, die panisch flüchteten, als wir über den Acker fuhren. Hinter jedem Busch vermuteten wir den hiesigen Jäger, der mit Machete oder Laserschwert wutentbrannt vorspringt und uns vertreiben will… Kam aber nicht. War wohl zu kalt, he?


Ahhh, der Fläming! Wie ich diesen Ort liebe. Hier ticken die Uhren anders, da bin ich mir sicher. Es war noch nicht mal 18:00 Uhr und bereits -1°C, als wir nach einer wilden Offroad-Fahrt die Stellung bezogen. Der dämmernde Himmel hing noch überwiegend in Wolkenpaketen, die jedoch kontinuierlich abzogen. Gott sei Dank hatte sich der frische Wind vom Nachmittag auch gelegt und es bewegte sich kein Molekül in der Luft. Eine Totenstille lag über dem Feld… Ein so entlegener Ort, jenseits von aller Zivilisation, und selbst die Tierwelt hüllte sich in Schweigen. Im Süden sah man die kleinen Lichtlein des Spargelhofes, und dahinter, fern am Horizont, die Windkraftanlagen bei… wo auch immer. Ab und zu fand das Licht eines Autos seinen Weg zu uns, das die 2,5 km entfernte Kreuzung bei Rosian befuhr.


Während der restlichen Dämmerung baute ich das Blaue Wunder auf. Daran, dass ich immer eine Trittleiter dabei haben sollte, muss ich mich erst noch gewöhnen, aber Uwe überließ mir seine. Ich rannte den Feldweg ein Stück gen Süden, um mich aufzuwärmen, und bereute es bitterlich, dass ich momentan so in Stephen Kings „Es“ vertieft war. Bange Blicke gingen in den Wald… Hoffentlich ist es dem bösen Clown heute auch zu kalt. Nicht, dass er auf irgendeinem Hochstand lauert. Nach der Rückkehr wurde sich in die Kälteklamotten gequält: Bundeswehrhose, Polarschuhe, Bommelmütze, das volle Programm. Es versprach, frostig zu werden! Sicher ist sicher. Die Wolken standen noch dicht, aber den Orion sah man schon über der Waldkante thronen. Mir fiel auf, dass die Wolken nicht aufgehellt waren und sich als „schwarze Löcher“ zeigten – wie in den Alpen! Gute Bedingungen kündigten sich an.

In einer freien Lücke peilte ich M 42 an, gewissermaßen als Opener des Abends. Oh Mann. Selbst ohne Filter eine Wucht und nicht in Worte zu fassen. Der ganze Komplex füllte das Gesichtsfeld, denn der schwache Gasbogen südlich der Huygens-Region war geschlossen und verlieh M 42 monströse Ausmaße. Mit OIII legte der Nebel noch einmal kräftig zu und der sonst „leere“ Bereich, der von den großen Schwingen eingefasst wird, füllte sich mit einem hellen Schleier, während die zerwucherten Strukturen in der Zentralregion wie gemeißelt standen. Alles in einem feinen Minzgrün. Mir fiel zudem der spitze Fortsatz bei M 43 auf, der dem Wölkchen sein kommaförmiges Aussehen verlieh. Auch der Running Man, ein Stück weiter nördlich, war kein Problem.


Die Wolken verhüllten nun für eine kurze Weile das Zielgebiet, pünktlich zum Kaffee. Uwe goss mir einen Schluck in die Tasse und ich holte ein Brötchen aus dem Korb. Die Ruhe war bemerkenswert, die Zeit stand still. Man fühlte sich wie am Pol der Einsamkeit. Hin und wieder stieß ein fernes Tier seine Klagelaute aus, aber das war das einzige, was von der Außenwelt zu uns drang. Das Seeing schien ganz gut zu sein, denn Sirius funkelte nur geringfügig.


Noch mit dem Brötchen im Mund schwenkte ich kühn – mehr aus Jux und Dollerei – auf den Flammennebel, NGC 2024, den ich tatsächlich noch nicht gesehen hatte. Zack, da war er. Verbannte man Alnitak aus dem Gesichtsfeld, war ein großer, mehrteiliger Nebel zu sehen, der durch breite Dunkelschläuche in mehrere Bereiche gegliedert war. Ein fast surrealer Anblick. Ich blieb ein Weilchen kleben.



Endlich war der Wolkenmist durch und offenbarte einen Vorzeige-Winterhimmel. Monatelang darauf zu warten – das war es wert!! Die Milchstraße verlief aus dem Westen in hohem Bogen über uns hinweg, schummelte sich am Orion vorbei und tauchte schlussendlich im Großen Wauwau in den Horizont ein. Jupiter, im Stier befindlich, brannte Löcher in die Netzhaut (so sah in Magdeburg die Venus aus) und bildete mit Hyaden und Plejaden ein schönes Gespann. In der Zwischenzeit war auch Thomas P. eingetroffen, der sich weiter vorn platzierte.

Im Objektordner suchte ich nach dem ersten ernsthaften Ziel. Worauf hab ich denn Lust? Die Entscheidung fiel auf Skiff 2, einem Offenen Haufen in der Nähe von Epsilon Aur. Im 32er wurde ich von einem ovalförmigen Sterngrüppchen überrascht, das sich auffällig aus dem reichen Hintergrund heraushob. Ein markanter heller Stern befand sich im Zentrum. Im 14er ging der Haufencharakter zwar etwas verloren, doch Skiff 2 zeigte sich aufgelöst in etwa 20 Mitglieder. Die Sterne im Zentrum waren kastenförmig angeordnet; von ihnen bogen sich zwei kurze, krumme Ketten in den Osten. Es erinnerte mich an irgendein Insekt.


Schwenk in den Fuhrmann. King 8 sollte bei M 37 stehen, leichte Beute also, aber ich hatte mich zunächst verlaufen. Irgendein Riesenhaufen war im Okular, aber M 37 konnte es nicht sein und ich rätselte über den Kartenausdruck. Also, neu eingestellt und diesmal besser gezielt. Der Starhop zum 1,2° entfernten King 8 war schnell gemacht. Ein eher kleines, nebliges und rundes Häufchen, das sich am Rande eines Sterndreiecks lag. Wirkte wie ein Gesicht mit Zipfelmütze. Obwohl er nicht komplett auflösbar war und einen nebligen Schleier behielt, lösten sich überall einige Einzelsterne heraus.


Ich hatte noch eine offene Rechnung mit einem Objekt der H-400-Liste, an dem ich mir schon länger die Zähne ausbiss. Es ist überall die Rede von einem einfachen PN, aber meine Versuche, NGC 2371/2 zu sehen, blieben stets erfolglos. Also rückte ich ihm mit 16“ auf den Leib, und das war überhaupt kein Problem. Ich wollte den OIII zwischenschalten, musste jedoch feststellen, dass dieser angelaufen war. Oh. Ich blickte auf meine Ablage hinab und sah ein ominöses Glitzern – der Vereisungsprozess hatte begonnen. Die Okulare wurden in die Jackentaschen gequetscht. Nur das 9mm nicht, denn das wanderte in den OAZ. Nur ungern gebe ich es zu, aber dieser unregelmäßige Klumpen gefiel mir sehr. In der Gesamtform rundlich. Im Westen dieser Scheibe befand sich die hellste Stelle; gegenüber, an der Ostseite, ein weiterer Lichtknoten. Dazwischen, im Zentrum, zeigte sich noch eine Aufhellung, die aber wesentlich schwächer war. Zentralstern. Diese drei Klumpen schienen durch eine fade Lichtbrücke miteinander verbunden und vom Rest des PN eingehüllt. Ich nannte ihn „Knochennebel“ und entschloss mich zu einer bildlichen Dokumentation.

Es war bereits nach 21:00 Uhr. Meine Mitbeobachter klagten über die Kälte und oft hörte ich sie umherlaufen. Besonders Martin äußerte seinen Unmut. Uwe suchte irgendetwas in den Zwillingen auf und begrüßte Castor fröhlich. Ich musste lachen. Was für ein Himmel! Die vielen, vielen Sterne im Orion, daneben die helle Milchstraße… Fast wie in den Alpen. Die Grenzgröße wurde auf 6,8 bis 6,9 mag geschätzt. Ich empfand die Temperaturen auch nicht unbedingt als angenehm, aber ich fror nicht. Die Kältezonen wanderten im Körper umher: Mal war es der rechte Fuß, mal waren die Fingerspitzen der linken Hand taub, später die ganze rechte Hand… Naja, die Extremitäten eben. Wichtig war aber, dass die Wärme stets wieder zurückkehrte, sodass ich es problemlos aushalten konnte.


So, und nun? Da stand noch eine Hickson-Gruppe auf der Liste. Numero 10 in Andromeda. Nach einem flinken Starhop von Beta And ausgehend, war das kleine Grüppchen bei einem markanten T-förmigen Sternmuster im 9-mm-Okular sichtbar. NGC 536, mittig stehend, schien mir am hellsten. Oval geformt, etwa O-W-liegend und mit stellarem Kern. NGC 529, westlich davon, befand sich etwas abseits und zeigte sich ebenfalls als auffälliger Nebel, allerdings gedrungener und kompakter. Das nördlichste Gruppenmitglied, NGC 531, war dagegen schon anspruchsvoller, aber dennoch dauerhaft haltbar. Sie schien länglich geformt. NGC 542, die letzte Galaxie des Quartetts, musste ich jedoch mit einem Fragezeichen hinterlegen. An betreffender Stelle löste sich phasenweise ein fades, sehr schmales Wölkchen heraus, das jedoch überwiegend im Hintergrund verschwand.


Das nächste Ziel sollte im Widder sein und ich schwenkte zu Alpha Ari, doch ich war zunächst entsetzt über das angelaufene Okular. Also zurück in die Jackentasche. Neuer Versuch – immer noch?! Ich leuchtete. Nein, das Okular war frei – der Fangspiegel hingegen war mit einem milchigen Eisschleier überzogen. Hey, Freundchen, so geht das aber nicht! Ich jammerte rum. Uwe zog daraufhin den Joker hervor: Er hatte einen kleinen, akkubetriebenen Heizlüfter dabei und richtete ihn auf das Spiegelchen. Ich stand daneben, brötchenkauend, lauschte dem leisen Rattern des Gerätes und schaute zu, wie sich die Schicht auflöste. Na Gott sei Dank, das Leben ging weiter. Dass die Sucherlinsen ebenfalls mit einer dicken Eiskruste überzogen waren, störte mich nicht so sehr, denn die hellen Sterne waren immer noch schemenhaft zu erahnen – muss reichen!

Thomas kam ebenfalls zu Besuch und wünschte sich M 31 und M 42, der nun wesentlich höher stand und dadurch natürlich prächtiger wirkte als noch vorhin. Am Horizont, in Richtung Rosian, tauchten Lichter auf: Ein Feuerwerk! Sah nett aus. Mit einem euphorischen Martin diskutierte ich über die Sichtbarkeit vom Pferdekopf ohne H-Beta. Er wollte es gern mal versuchen, aber erst musste ich einen Auftrag im Widder abarbeiten.


DoDz 1 war ein auffälliger Sternhaufen mit hellen Mitgliedern, allerdings lose und arm. Es waren insgesamt 8 Sterne; die 5 hellsten bildeten ein unförmiges „T“. Ich brauchte noch eine Zeichnung von ihm für den VdS-Artikel, also wurde der Block vorgeholt. Nein, schön ist wirklich anders.

Dann ging der Schwenk wieder zurück in den Orion. NGC 2169 war kein Teil irgendeines Projektes, aber gewünscht hatte ich ihn mir trotzdem und daher stand er auf der Liste. Die „kosmische 37“. Cooles Objekt! Wie eine Leuchtreklame. Zwei beeindruckend geformte, zackige Sternketten. In der „3“ zählte ich 13 Mitglieder; in der „7“ 7 Sterne. Toller Haufen, ein Ziel für den Genuss.


Von dort aus ging es in tiefe Gefilde. NGC 2362 ist der Haufen um Tau CMa und war auch nochmal so ein Wunschobjekt. Im 14er ein toller Haufen. Tau CMa befand sich direkt im Zentrum eines großen Dreiecks, dessen Außenkanten sich leicht nach innen bogen. Die Spitzen hingegen, die nach S, W und O zeigten, waren nicht ausgebildet und schienen angeknabbert. NGC 2362 war in etwa 40 Mitglieder aufgelöst.


Gute 2° davon entfernt zeigte der Atlas den Offenen Haufen Trümpler 7. Bei der Position war ich mir unsicher, denn etwas Auffälliges war nicht zu sehen. Ich beschrieb eine eher zufällig wirkende Kette aus 7 helleren Sternen, die wie eine Tackerklammer gekrümmt waren. Die spätere Recherche bestätigt dies. Tja, so sah also der berühmte Trümpler 7 aus! Fantastisch!!


Leider hatte ich meine H-400-Liste nicht dabei, was mich ärgerte. Im Achterdeck waren noch viele Haufen offen, das wusste ich, aber welche nur? Jetzt, wo dieses südliche Sternbild so gut zu sehen war, hätte man sie abarbeiten können, aber auf Geratewohl irgendwelche Haufen anzuzielen war nicht so mein Fall. Lediglich NGC 2482 gönnte ich mir, denn es kostete nur einen kurzen Schwenk nach links. Im 14er ein Riesenhaufen!! Sehr reich. Irgendwie eckig und bumerangförmig und aus über 50 Mitgliedern bestehend, die allesamt annähernd die gleiche Helligkeiten aufwiesen. Kein markanter Ausreißer dabei. Direkt im Zentrum hob sich eine kleine Raute ab.



Brr. Während des bodennahen Kniens wurden meine Füße kritisch kalt. Ich erhob mich und lief die Feldwege entlang, um wieder etwas Leben in die Bude zu bekommen. Die Uhr zeigte 23:15 Uhr an und der Himmel erschien mittlerweile in einem unglaublichen Pechschwarz. Das Zodiakalband war einen Versuch wert, aber sicher ausmachen konnte ich es nicht. Die Beine stolperten über die Fahrrinnen, auf der Flucht vor dem bösen Clown. Am Wegrand tauchten schemenhaft irgendwelche Büsche auf, die man erst wenige Meter vorher sah. Die Gegend war stockfinster. Hinter mir wanderten die roten Irrlichter der Astronomen umher. Ich rannte an einzelnen Kiefern vorbei, hinter denen die Jäger ihre Hochstände aufgebaut hatten, wahrscheinlich als Tarnung vor den armen Tieren. Ich fand dies absonderlich und musste lachen. Die Bewegung brachte ihre erhoffte Wirkung und als ich mich wieder heimbegab, war die Wärme in den Füßen zurückgekehrt. Uwe leuchtete seine Jacke an und klagte: „Ich bin weiß! Ich friere ein!“ Tatsächlich hatte sich auf den Ärmeln eine feine Eisschicht gebildet. Bei mir ebenfalls.

Genug des Müßiggangs, weiter im Programm! Ich versuchte mich an King 15, etwa 1° südlich von Kappa Cas. Und dabei blieb es auch – bei einem Versuch. Ich glich die Position mehrmals mit dem Kartenausdruck ab, aber einen richtigen Haufen sah ich an der markierten Stelle nicht. Lediglich rings um einen der markanten Feldsterne gruppierten sich ein paar wenige, schwache „Pünktchen“, die man optimistischerweise als Haufen interpretieren könnte. Aber war das King 15?


Der numerische Nachfolger war nicht minder einfach. King 16, der sich ebenfalls nahe Kappa Cas rumtrieb, war im 14er zunächst nicht sichtbar. Es zeigte sich eine Y-Formation, in der sich ein länglicher Nebelhauch andeutete. 2 oder 3 Einzelsterne problemlos machbar; bei indirektem Sehen ließ sich mehr erahnen. Tatsächlich löste sich dieser Schleier nach längerer Betrachtung in einige fade Sterne auf. Gehörte das Y ebenfalls zum Haufen? Der Anblick im 9er war besser und ich nutzte dies für eine Zeichnung.

Nun war es nach Mitternacht. Alles war von einer krustigen Eisschicht belegt und ich freute mich schon aufs Kratzen, denn die Autoscheiben waren schon lange dicht, innen wie außen. Die Leute schwiegen und arbeiteten konzentriert vor sich hin. Meine Mitbeobachter waren gerade mit Komet ISON beschäftigt, nachdem eine Aufsuchkarte bei den Fotografen einmal die Runde gemacht hatte. Ich hörte die Kameras piepen. Es roch nach Lebkuchen, den Martin kurz vorher rumgegeben hatte. Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?


King 23 befand sich untypischerweise im Einhorn, etwa 2,5° östlich von Delta Mon. Ich war entsetzt. Das soll ein Haufen sein? Ein wirklich extrem winziges, kommaförmiges Würmchen in einem reichen Feld. Vielleicht gehörten noch Sterne aus der Umgebung dazu, aber ich achtete nur auf den „Telefonhörer“, der aus 6 oder 7 engen Sternchen bestand. An den Enden befanden sich die beiden hellsten Mitglieder.


Es war nun mal wieder an der Zeit, umherzurennen und den secundary mirror von seinem Eis zu befreien. Wie hypnotisiert stand ich daneben und hielt den ratternden Lüfter an die Fläche. Blick in den vereisten, knarzenden Atlas. Die Gemini-Karte war aufgeschlagen und ich las den klingenden Namen „Medusanebel“. PK 205+14.1, und gleichzeitig im Abell-Katalog unter der Nummer 21 vertreten. Oho, an den hab ich mich auch noch nie rangetraut. Umso überraschter war ich, als im 14er und OIII-Filter dieser helle, flächige Nebel auftauchte. Breit, deutlich sichelförmig und nach Osten gekrümmt. Die Südspitze erschien mir enger und spitzer, während das andere Ende geringfügig heller und leicht bauchiger daherkam. Dazwischen verwischte der Nebel stellenweise zart im Hintergrund. Vordergrundsterne in der Sichel hatte es nur zwei.


Mein Soll für heute hatte ich noch nicht ganz erfüllt. Über dem Nordosthorizont hatte sich endlich der Herkules emporgehoben, wo noch ein Haufen lauerte, den ich portraitieren wollte. Nach einem kurzen Abstecher bei M 13 endete ich bei DoDz 6; ca. 45‘ von Eta Her entfernt. Der absolute Anti-Haufen! 5 oder 6 Sterne in einer kurzen, krummen Kette. Notiz: „Wirklich sehr fade.

Der Chronometer sagte 01:20 Uhr. Im Osten quoll schon das Mondlicht über den Waldrand. Doch schon lange vorher hatte die Transparenz abgenommen; je weiter der Orion in den Westen rückte, desto mehr verlor er an Glanz. Den Masterplan für die Nacht hatte ich erfüllt und war zufrieden, obschon mich die vielen eisbedingten Störungen ärgerten, die das Vorankommen verzögerten. Die Welt glitzerte, jemand kratzte Eis von seinen Autoscheiben, irgendwo kreischte ein Tier, Anne machte einen kurzen Lauf. Meine Hände waren kalt. Die Frühlingssternbilder schwebten über der Waldkante und der Mond schien durch die noch kahlen Bäume. 01:30 Uhr verabschiedeten wir uns von Thomas, der die Heimreise antrat.

Ich ließ die Nacht mit einigen Paradesachen gemütlich ausklingen und surfte ziellos umher. M 51, Leo-Triplett, Plejaden, und auch meine absolute Hass-Galaxie NGC 2903. Gern hätte ich noch auf R Lep gezielt, doch der Hase war schon lange weg. Run, rabbit, run! Naja, was solls. Der Fangspiegel war eh schon wieder belegt und auch meine Okulare wollten nicht mehr so richtig.


Gegen 01:45 Uhr verkündete ich dann: „Ich pack jetzt ein.“ Auch Martin und Uwe bereiteten sich auf den Abbau vor. Das Auto startete ich früh, damit die Heizanlage auch ja rechtzeitig in die Gänge kommt. Außerdem wollte ich auf der langen, harten Fahrt nach Magdeburg nicht frieren. Der Dobson war auseinandergenommen und der Sucher sah aus, als wäre er von Spinnweben eingehüllt. Ich schaute auf die Bauteile hinab. Was für ein fantastisches, leichtgängiges Teleskop! Im ersten beinharten Feldeinsatz hat es sich mehr als bewährt. Meine Blaue Tonne, hach ja. Meine, meine, meine.

Zum obligatorischen „Brain Damage“ von Pink Floyd wurde alles in den Berlingo geladen. Ich hatte die Zwischenzeit damit vertrödelt, die Scheiben freizukratzen. Auch im Innenraum war alles vereist. Kristallines Lenkrad. Selbst unter die Linsenabdeckung meiner Kamera war die Kälte durchgekrochen. Blick aufs Armaturenbrett: -7°C! Uh, naja, passt schon.

Taut sich alles weg… Gegen halb 3 suchten wir dann das Weite.

 

 

Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 03.02.2013

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