10./11.05.2013 - Das Trauerspiel

Über diese Beobachtungsnacht gibt es nicht besonders viel zu berichten, denn derart viel Frust behält man nicht so gern in Erinnerung.

Das Wetter schien anfangs ganz okay zu werden und die Zirren sollten abzuziehen. Also ging es gegen 20:00 Uhr wieder in den Osten des Bundeslandes, mit der Absicht, erstmalig seit Langem wieder auf unserem Favoriten-Standort, dem Jägerplatz, aufzubauen. Mit von der Partie waren, neben Uwe W., Thomas P. und mir, auch die „Interessentin“ Andrea, die live miterleben durfte, wie knallharte Feldastronomie aussieht.

Gegen 21:00 Uhr parkten wir die Autos auf dem Jägerplatz, und während der Fahrt dorthin konnte ich aus der Ferne schon den Renault des hiesigen Obermotzes erkennen, der auf seinem Hochstand hockte. Neinnnn!!! Es dauerte dann auch nicht lange, bis er angerast kam; stocksauer, miesgelaunt und völlig verzweifelt über unsere Anwesenheit. Jetzt haben wir wieder sein Wild verscheucht und er hält das nicht mehr länger aus. Will sich die Auto-Nummern notieren und an die Polizei übermitteln. Schließlich bezahlt er so viel Pacht für das Gelände. Heute hatte er seine Jäger-Freunde und Familie zu Gast, die überall verteilt waren, und sie wollten die ganze Nacht bleiben. Auf den Hinweis, dass doch Neumond ist, entgegnete er mit dem Argument „der Wind drückt in den Wald rein“, worüber ich jetzt noch nachdenke. Uwe verhandelte, doch gegen den aufgebrachten Waidmann war kein Kraut gewachsen, sodass wir wieder klein beigaben und auf den Standort neben dem Dorf fuhren.

Es war schwer, die schlechte Laune zu unterdrücken, und als Beschäftigungstherapie stürzte ich mich in den Aufbau des Dobsons und machte Fotos von der Szenerie. Immerhin war es wunderbar mild, 14°C, windstill, und noch sah der Himmel recht vielversprechend aus. Zwischendurch kam der „Wolfsmensch“ in seinem Pick-Up vorbeigefahren, ohne nochmal anzuhalten – man kennt sich – und verschwand irgendwo im Wald.

Die Dämmerung zog sich wieder lang hin, aber durch gute Gespräche wurde es nicht langweilig. Zwischenzeitlich machte ich es mir auf dem Boden bequem und lag auf den Sitzkissen neben dem Sechzehnzöller, dessen Gitterstangen von rechts in mein Gesichtsfeld hereinragten. Ringsum wieder die übliche Akustik, ausgelöst von den Gattungen Ovis und Canis. Außerdem hörten wir die Jäger dreimal schießen. Ich wünschte mir eine Voodoo-Puppe herbei. Uwe kämpfte mit seinem Polsucher und der Kalibrierung, Thomas beobachtete in seinem Dobson die aktuellen Planeten und Andrea huschte umher. Leider taten die Wolken das, was sie nicht tun sollten: Sie vermehrten sich. Was soll das?

Auf meinem Masterplan standen mal wieder jungfräuliche Galaxien, doch genau dort hielt sich eine hartnäckige Suppe. Als es dunkel genug war und sich um 23:15 Uhr eine winzige Lücke auftat, suchte ich sofort NGC 4900 auf. Ein runder, diffuser Nebel, dessen Südostkante einen auffälligen Feldstern tangierte. Das Zentrum war nur geringfügig heller als der Galaxienhalo, erschien etwas länglich und dort blitzte kurzzeitig ein sehr schwacher, stellarer Kern heraus. Ansonsten ohne Details.


Die Wolken kamen und gingen. Dort, wo es klar war, zeigten sich tolle Bedingungen, aber leider war ich nicht so schnell, dass ich den Lücken hinterherspringen konnte. Auf der Autobahn mache ich sowas ja auch nicht. Zusätzlich lag viel Feuchtigkeit in der Luft und die Aufsuchkarten waren bereits pappig-nass.


Die nächste wolkenfreie Zone in Virgo tat sich auf und ich schaffte es, NGC 4698 zu sichten, die sich auffällig zwischen zwei Feldsternen befand und sich oval nach Nord und Süd ausstreckte, wobei die Helligkeit in den Enden rasch abfiel. Die Galaxie besaß ein helles, flächiges Zentralgebiet ohne Kern. Sie machte einen unruhigen Eindruck, doch genaue Details konnte ich nicht ausmachen.


Der Vorhang ging wieder zu und ich setzte mich in den Kofferraum meines Wagens. Es gab Anti-Wolken-Kaffee und wir hielten eine Krisensitzung ab. Uwe beliebte zu scherzen: „Die Durchsicht hat stark abgenommen.“ Kurz darauf verabschiedete sich Andrea wieder Richtung Börde und auch Thomas begann, seine Ausrüstung einzupacken. Ab 00:45 Uhr waren wir nur noch zu zweit – und tatsächlich riss es plötzlich auf!


Der Herkules war frei und ich zielte auf Xi Her, wo sich wenige Bogenminuten weiter nördlich ein Haufen der Deep-Sky-Hunter befindet: Markov 1. Sehr groß und eher lose, doch die vielen hellen Mitglieder machten diese Gruppe zu einem auffälligen Objekt. Die Anordnung erinnerte mich an das Sternbild Schütze.

Ein knappes Grad nordwestlich von Markov 1 hatte ich mir ein kleines Galaxienpärchen markiert: NGC 6486 und 6487. Letztgenannte war mit einer Helligkeit von 13,2 mag die auffälligere der beiden, und ihre Nachbarin war eher schwer zu erwischen. Notizen machte ich nicht. Dünne Schleierbewölkung zog schon wieder vorbei.

1,6° nördlich davon konnte ich noch die Sichtung von NGC 6485 verbuchen, die sich als schwache, kaum zu haltende, mickrige Wolke zeigte. Ohne genaue Ortskenntnis völlig unscheinbar. Aber klar – gegen diese Suppe kam wohl keine Galaxie an.


„Das ist sinnlos, ich habe keinen Bock mehr“, maulte ich und so bauten wir unsere Sachen ab. Naja, hätte ja klappen können… Aber es sollte nicht sein. Mittlerweile es in der gesamten Gegend mucksmäuschenstill. Etwa 02:00 Uhr ging es wieder zurück in die Heimat.

 


Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 11.05.2013

11./12.05.2013 - Kleine Ergänzung

Am nächsten Abend waren die Wetteraussichten allerdings richtig gut und erneut waren wir ab 22:00 Uhr vor Ort, um der Astro-Sucht zu fröhnen. Leider war die Luftfeuchte derart hoch, dass mein Fangspiegel schon gegen Mitternacht abdankte. Auch Uwe und Thomas klagten über das rasche Beschlagen ihrer Kameraobjektive. Eine dicke Tauschicht legte sich überall nieder, und sträflicherweise war kein Fön zugegen, mithilfe dessen man dem Problem begegnen konnte. Naja, selbst schuld - um eine Anti-Beschlag-Lösung wollte ich mich vor Monaten schon kümmern, aber wie das immer so ist, rücken tagsüber andere Dinge in den Fokus der Aufmerksamkeit. Aber jetzt wird sich wirklich was ändern.


Wie dem auch sei, für die paar aktiven Minuten wollte ich keinen vollwertigen Bericht verfassen, aber ein bisschen ging sich halt doch aus. Die Bedingungen waren wirklich gut; eine kräftige Milchstraße mit dominanter Schildwolke verlief bis tief in den Südhorizont, wo die Sterne des Schützen leuchteten. Ein fabelhafter Anblick, wenn auch nur mit dem freien Auge. Wir blieben bis zur beginnenden Morgendämmerung, im Laufe derer bereits die ersten Wolken aufzogen.

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