10./11.02.2013 - Русская зима в флäминге

Was machen drei Hobbyastronomen nachts auf dem Acker?



… Sie frieren sich den A… ab.


So einfach ist das. Aber darauf kommen wir noch früh genug zu sprechen. Der Sonntag hat uns mit viel Sonnenschein verwöhnt und die Menschen in den Nachrichten pfiffen es wie Spatzen von den Dächern: Ganz Deutschland erwartet eine klare, klirrrrend kalte Nacht. Und das an Neumond, na so ein Zufall aber auch! Das Wetter scheint sich so langsam wieder eingekriegt zu haben. Leider hatte es vor wenigen Tagen erst geschneit, sodass ich fürchtete, der Schnee könnte viel von dem Streulicht wieder nach oben reflektieren, so wie es hier in der Stadt der Fall ist. Und außerdem: Ist unser Lieblingsplatz im Fläming überhaupt einigermaßen befahrbar?


Wir wollten es herausfinden und erreichten um 18:24 Uhr, als die Dämmerung schon stark vorangeschritten war, unsere Beobachtungskehre. Unterwegs hing einiger Dunst in der Luft und die Horizontsicht war mies, doch dort oben, auf 101 m ü NHN, schien es besser zu sein. Martin war schon seit 5 Minuten da. Wir standen zwar im Schnee, in dem ein paar frische Tierfährten zu sehen waren, aber er lag nicht so hoch, dass man mit der Fräse anrücken müsste. Schlimmer war da die Temperatur: Das Autothermometer zeigte bereits -7°C an… Was soll das bloß werden?

Na, immerhin sollten wir mit guten Bedingungen belohnt werden. Durch den tieferliegenden Dunst wurde das Licht der großen und kleinen Städte ringsum abgedeckelt und die Streukegel wuchsen nicht so stark in die Höhe. Aus dem kalten Nordosten wehte ein stetiger Wind, von dem wir allerdings relativ verschont blieben, da sich der Wald des Truppenübungsplatzes mal wieder als schützendes Element zur Verfügung stellte. Vielen Dank an dieser Stelle an die Natur. Während ich meinem 16-Zöller einen guten Stand im Schnee verschaffte, wurde es dunkel und die winterliche Milchstraße erschien neben dem Orion. Und ebenfalls sah man das Zodiakallicht im Westen. Die langgestreckte, spitze Pyramide schoss steil aus dem Horizont empor und verlor sich noch unterhalb des Widders. Wenn das keine gute Nacht werden wird…

Nach dem Aufbau machte ich den ersten Sprint entlang der Waldkante. Es knisterte und raschelte; vermutlich lösten sich einzelne Schneehäufchen von den kahlen Ästen und verwirbelten auf dem Boden. Das Stolpern über den zugeschneiten Weg war nicht besonders schön, obwohl zwei Rinnen hereingefahren waren. Vielen Dank an dieser Stelle an die Jager. Neben einem Hochstand hielt ich inne und schaute hoch. Der Orion schwebte über den Spitzen der Nadelbäume… Ein Traum! Scheinbar wirkte sich der Schnee doch nicht so stark auf die Transparenz aus, wie ich anfangs dachte.


Als ich wieder zurückkehrte, war es an der Zeit, loszulegen. Ich hatte mir einen bunten Mix aus verschiedenen Objekten zusammengestellt; eine fast schon willkürliche Auswahl an hellen und schwachen Zielen. Es waren tatsächlich auch ein paar Planetarische Nebel dabei, was ich gar nicht zugeben mag, und ein solcher sollte die Nacht einläuten. Baade 1 im Stier, ca. 4° südlich der Plejaden; für meine Verhältnisse fast schon mutig. Zunächst war er völlig unsichtbar. Beim Schwenken tauchte zwar für Sekundenbruchteile ein ganz zartes Nebelchen auf, das sich bei einem Sterndreieck befand, doch beim Versuch, es zu fixieren, verlor es sich gleich wieder. Ich versuchte es einige Minuten lang erfolglos, und da ich mir fast die Hände abfror, wollte ich zum nächsten Objekt übergehen. Doch dann bat mich Uwe, zwei Minuten so stehen zu bleiben, damit er ein Foto machen könnte. Okay. Dann schauen wir noch zwei Minuten völlig frustriert ins Okular. – Da! Da ist was! Der PN! Wie aus dem Nichts tauchte Baade 1 plötzlich auf, genau an der vermuteten Stelle beim Dreieck. Na sowas. Vielen Dank an dieser Stelle an Uwe. Leider verwischte das Teil gleich darauf wieder, doch in den darauffolgenden Minuten schaffte ich es, ihn für einige Sekunden sicher halten zu können. Es war ein runder, sehr blasser Nebel ohne Details.

„Heiliges Kanonenrohr, ist das kalt“, klagte ich und blätterte im Ordner. Da war was im nördlichen Orion. NGC 2163. Ich habe zwar absolut keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, aber wenn ich mir die Mühe mit einer Aufsuchkarte gemacht habe, dann muss es schon was Nettes sein. Und ja, tatsächlich, war ganz nett. Im 14er war er problemlos und direkt sichtbar und stand in einem ziemlich reichen Umfeld. Ein Stern befand sich im Zentrum eines grob viereckigen Nebels. Er wirkte länglich und nach Norden hin breiter. Dies bestätigte sich bei 200x. Der Reflexionsnebel war N-S-ausgerichtet und zeigte klare, eindeutig dreieckige Konturen, wobei die Westkante schärfer begrenzt war. Die Südspitze lief etwas diffuser in den Hintergrund aus.


Kurzer Blick auf die Uhr: Es war um 8. Ich rannte nochmal los, damit das Blut eventuell die Zirkulation wieder aufnimmt. Ich hasse Schnee. Es ist die Pest. Kein normaler Mensch braucht Schnee. Ich rutschte in den Fahrrinnen umher, und die Umgebung war viel zu hell. Ich will Dunkelheit haben, die absolute Dunkelheit, darkness, und nicht dieses weiße, reflektierende Gelumpe da auf der Erde. Auf dem Rückweg fragte ich mich, was „Winter“ auf Russisch hieß. Ich glaube, es war irgendwas mit „s“. Der Leistungskurs ist schon eine Weile her.


Als nächstes wärmte ich ein Objekt aus der letzten vermeintlichen Beobachtungsnacht auf, als wir eine Stunde lang zwischen Schönebeck und Calbe rumstanden und den Kampf gegen die hartnäckige Zirrusbewölkung aufgeben mussten. NGC 2185 war zwar zu sehen, doch nicht besonders gut, also musste die Beobachtung wiederholt werden. Hier und jetzt. Dieser Nebel ist Teil eines größeren, versprenkelten Komplexes westlich von Gamma Mon… Und zugleich ein Teil der H-400-Liste. Ein Teil des Masterplans. Bei 129x sah ich eine kleine Sterngruppe, die von einem ziemlich zwergischen Nebelknäuel umschlossen war. Der östlichste Flecken war dabei am größten und hellsten: NGC 2185. Das, was sich gleich daneben als schwächer und diffuser präsentierte, war NGC 2183. Die Klumpen schienen hauchzart miteinander verbunden zu sein, doch sonst waren keine Details erkennen.


Ich machte eine längere Pause bis 20:30 Uhr. Zu dritt brachen wir die Thermoskanne mit rettendem, warmem Kaffee an, hielten eine kurze Besprechung und ich kaute auf meinem halb vereisten Brötchen herum. Im Anschluss schmiss ich mich in Schale und stieg in den Raumanzug, denn bis dato war ich noch im Schlafzeug unterwegs. Brr, das war wirklich garstig kalt. Bei jedem größeren Windstoß, der bis zu unserem Standort durchdrang, erzitterten die Bäume und ich ging in Deckung. Manchmal wehte es mir feinen Schnee ins Gesicht, der wahrscheinlich vom Berlingo heruntergewirbelt wurde. Ein weiteres echtes Ärgernis ist es, dass die Tinte im Kuli sofort zäh wird, wenn man sie nicht warmhält. Und so hatte ich das Teil dauernd im Mund, um die Atemwärme auszunutzen. Doch nach zwei Zeilen im Beobachtungsbuch gerät die Tinte wieder ins Stocken. Dass mir das ganz schön auf die Ketten ging, bedarf eigentlich keiner Erwähnung.


Die Herschel-400-Liste deuchte mir ein gutes Programm für diese Nacht zu sein und ich schaute, was da noch so fehlte. NGC 2354 befand sich ziemlich tief im Großen Hund. Groß und eher lose, etwas länglich geformt. Er bestand aus einigen moderat hellen Sternen, geschätzt 35 – 40. Es war kein eindeutiges Zentrum auszumachen; vielmehr verdichteten sich kleinere Gruppen an mehreren Stellen und bildeten kurze, krumme Ketten und Bögen.


In der letzten Nacht hatte ich mich auch an NGC 2204 versucht, wo ich mir notierte, dass der Haufen sich gerade so als grenzwertige Wolke aus der Suppe herauslöst. Dabei offenbarten sich 3 oder 4 einzelne Sterne, die sich in einer geraden Kette anordneten. Heute war es nicht besser: Es hob sich lediglich ein schwaches, sternloses Wölkchen heraus, das sich westlich von einem helleren Feldstern befand. Notiz aus dem Buch: „Da war Baade 1 ja noch heller!“


Uwe machte Witze über Eisbären, während ich mit schmerzenden Fingerkuppen auf NGC 2506 zielte. Schön! Ein auffälliger, kastenförmiger Offener Haufen aus vielen schwachen Mitgliedern, umgeben von einem reichen Umfeld. Augenscheinlich waren zwei helle Bereiche, die durch einen ärmeren, N-S-verlaufenden dunklen Streifen voneinander getrennt waren. Wirkte fast wie ein kleiner Doppelhaufen. Die Erscheinung im 14er wandelte sich dann noch einmal: Die beiden hellen Stellen verschmolzen miteinander zu einem eckigen „C“, dessen Inneres gefüllt war mit schwachen Mitgliedern. Nicht auflösbar, aber eine echte Augenweide. Dicht gepacktes Zentralgebiet und eine auffallende Kastenform. Die meisten Sterne befanden sich im Westteil des Haufens.


Es war einfach nicht auszuhalten; die Kälte lähmte meine Finger und die Fußspitzen. Ich rannte. Die neu erworbene Wärme hielt für das jeweils nächste Objekt an, das in diesem Falle NGC 2539 hieß. Wieder ein Offener Haufen, der sich im nördlichen Teil des Achterdecks aufhielt; direkt neben 19 Pup. Zitat aus dem Buch: „Was für ein Prügel!“ Ausgedehnt und verstreut, viele Mitglieder mit einheitlichen Helligkeiten und aufgelöst. Bei 129x war er zu groß für das Gesichtsfeld, aber die Versprenkelungen und Gliederungen in verschiedene Gruppen, Grüppchen, kurzen Ketten und Pärchen wurde schön deutlich. Als hätte jemand mit einem Beutel Sonnen rumgekleckert. Die Gesamtform des Haufens war länglich; er bestand aus über 40 Mitgliedern.

Was nun folgte, war eins dieser ekelhaften Motivationstiefs. Ich würde ja von mir behaupten, dass ich mit Kälte ganz gut umgehen kann – wenn ich will –, aber das war diesmal auch mir zu kritisch. Ich hatte Objekte in der Nähe von 16 und 17 Mon herausgesucht, schaffte es aber nicht, diese beiden Sterne zu finden. Dies lag daran, dass ich die Sterne vom Einhorn und Achterdeck miteinander verwechselt hatte und an einer ganz falschen Ecke suchte, ohne es zu merken. Ich wunderte mich nur, warum die Muster auf der Karte nicht im Okular auftauchen wollten. Die Finger schmerzten brutal, die Nase lief, der Wind ließ meinen Kiefer gefrieren. Ich wurde sauer und verlor komplett die Lust; schmiss die Aufsuchkarte auf den Boden und fluchte. Uwe wunderte sich, was los sei. „Ich find‘ die Sch… nicht!“ Er schlug mir vor, den Kometen C/2012 L2 (LINEAR) einzustellen, der in der Andromeda rumflog, aber davon wollte ich nichts mehr wissen. Zum Teufel mit Kometen. Daraufhin suchte er ihn selber auf.


C/2012 L2 (LINEAR) war tatsächlich ein sehr einfaches Objekt. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein unaufgelöster Offener Haufen, doch dann zeigte sich, dass er sich gerade vor einem kleinen, schwachen Sterngrüppchen befand. Der Komet hatte eine relativ große Koma, zeigte aber keinen ausgeprägten Schweif. Eine runde Wolke.


Dieser Sichtungserfolg gab mir einen Anschubs und ich versuchte mich wieder an meinem Programm. Auf der Reise von Delta Mon zu zwei Offenen Haufen besuchte ich den Planetarischen Nebel NGC 2346. Bei 129x fand ich ihn und sah ein helles Sternchen mit deutlichem Halo, dessen Form mir jedoch erst verborgen blieb. Die Vergrößerung von 200x und unter Zuhilfenahme des OIII-Filters bot mir einen überraschenden Anblick: „Was für eine Veränderung!“ Der PN reagierte gut auf den Filtereinsatz und erschien nun hell und kantig, wobei die Nord-Süd-Flanken diffuser daherkamen. Der Zentralstern dominierte im Mittelpunkt.


Von dort aus flog ich 4,5° in südwestliche Richtung, um den Offenen Haufen NGC 2311 einzustellen. Im 32er ein problemloses Objekt. Relativ groß. Eine längliche Form mit geschwungenen Außenkanten. Er war bereits aufgelöst, aber dennoch ziemlich dicht bepackt. Bei 129x zerfiel er in ca. 25 Einzelsterne, die in der Gesamtheit die Form einer Speerspitze oder Kerzenflamme nachbildeten, die N-S-ausgerichtet war. NGC 2311 zeigte keine besondere Konzentrationszunahme zur Mitte hin; die Sterne waren gleichmäßig verteilt.


Meine Motivation schien wieder zurückgekehrt und ich hatte beschlossen, die Kälte einfach nicht mehr wahrzunehmen. Man muss sie ignorieren und sich damit abfinden, dass man mit seinen tauben Fingern die Okulare kaum noch erfühlen, den Kuli nicht mehr gescheit halten und das Schutzkistchen des Nebelfilters kaum noch öffnen kann. Wenn die Feinmotorik versagt, wird’s ernst. Apropos Kugelschreiber: Trotz des Warmhaltens schrieb er kaum noch. Scheinbar ging die Tinte in der Mine zur Neige. Oh oh! Ich sprang ein paar Mal umher und musste lachen. Wenn der Jäger oder der Kommandant am nächsten Tag hier langfährt, wird er auf seltsame Spuren stoßen: Ominöse Einstichstellen im Boden und menschliche Fußspuren, die mehrfach über die Feldwege verliefen – immer hin und her. Irgendjemand von uns Dreien lief immer rum, im verzweifelten Versuch, sich warmzuhalten. Bemerkenswert: Ein Krähenschwarm, der nicht weit von uns entfernt gewesen sein musste, wurde plötzlich und unvermittelt wach und erfüllte die Luft mit lautem Krächzen.


Während der Beobachtung von NGC 2286, der knapp 3° vom Vorgänger entfernt lag, passierte es tatsächlich und der Kuli quittierte seinen Dienst. Mist!!! Glücklicherweise war auch immer ein Bleistift dabei, aber die spitze Mine zerkratzte mir fast das eingefrorene, eisverkrustete Papier. Naja, was solls. Im Okular zeigte sich mir ein außergewöhnliches Objekt! Es handelte sich um einen eher faden Haufen, der sich aus vielen schwachen Mitgliedern zusammensetzte und in der Übersicht nur eine zarte Wolke darstellte, doch diese Wolke wurde von einem eckigen Ring aus etwa 10 helleren Sternen perfekt eingerahmt. Echt stark! Im 14er noch besser. Der helle Kasten war auffälliger als der neblige Haufen selber, der eine dreieckige Form aufwies und ca. 20 schwache Sterne inkludierte. Zählt man den Rahmen hinzu, waren es über 40. Diese beiden Teile bildeten einen sehr schönen Kontrast – die Überraschung des Abends!


Es war 23:05 Uhr und ich rannte mal wieder den Feldweg in Richtung Westen. Schaute man nach Schweinitz, bemerkte man über dem Acker eine flache Nebelwand. Sie hielt sich schon die ganze Zeit dort, blieb aber an Ort und Stelle und bewegte sich nicht. Die kleinen Lichtpyramiden der Flämingdörfer waren natürlich auch da, schienen aber an vielen Stellen unterbrochen von dunkleren Zonen. Dies muss irgendwie mit dem Dunst zusammenhängen, aber ich hatte keine Ahnung. Es fiel mir halt eben auf. Aus dem Osten wehte weiterhin ein fieser Wind, dem man an ungeschützten Stellen schonungslos ausgeliefert war. Naja, was solls, ich war mittlerweile kälteadaptiert. Die Bedingungen waren nicht so gut wie am Wochenende zuvor. Einerseits war das Seeing sehr schlecht, und andererseits war die Transparenz geringer. Ich schätzte die Grenzgröße auf ca. 6,3 mag. Von nebenan ertönte ein Knistern. "Höre ich da eine Kekspackung?" Martin brach seinen Vorrat an und mit einem schokolierten Hafertaler im Mund suchte ich…


NGC 2421 auf. Einer der vielen Offenen Haufen im Achterdeck. Es zeigte sich eine grob dreieckige Form, wobei die hellsten Mitglieder in den Spitzen saßen. Ziemlich reich, aber überwiegend schwache Sterne. Als ich das 32er aus dem OAZ entfernte, geriet der Dobson aus dem Gleichgewicht und kippte nach oben. Nein!! Verdammte $$$$!!!! Nach der erneuten Suche präsentierte sich NGC 2421 im 14er wie ein Baumstumpf: Ein nach Süden hin breites Trapez, das im Norden von einer auffallenden ringförmigen Kette abgeschlossen wurde. Mitten in diesem Ring befanden sich zwei einsame kleine Sternchen. Der gesamte Haufen konnte mit vielen kleinen Mustern und Grüppchen aufwarten und war in ca. 35 Sterne aufgelöst. Da sie aber überwiegend schwächer waren und in einem reichen Umfeld standen, war dieses Objekt eher unscheinbarer Natur.

Martin und Uwe rannten und hüpften umher. „Was ist los mit euch?“, fragte ich. Martin: „Wir haben nichts zu tun.“ Jaja, die Fotografen! Sie diskutierten darüber, ob man im Löwen den Gegenschein sehen kann und prüften dies mithilfe der Kamera nach, mit positivem Resultat. Auch das Zodiakalband war hauchzart nachzuvollziehen. Es zog sich durch die Zwillinge, erreichte dort seinen Scheitelpunkt und verlief in hohem Bogen in den Löwen hinunter. Etwa bei Regulus befand sich die kräftigste Aufhellung: Der Gegenschein. Aber im Vergleich zu den Alpen nicht besonders markant. Aber wir sind ja nicht in den Alpen, sondern im schönen Fläming! Dennoch hatte der Himmel merklich nachgelassen; der Orion hatte seinen Glanz verloren.


Auf der H-400-Liste war NGC 2422 noch offen. Hm. Im Atlas stand die Bezeichnung direkt bei M 47. War das etwa einer dieser „Haufen im Haufen“, so ähnlich wie Collinder 33 und 34? Ich beauftragte Martin damit, dies herauszufinden, da er in seinem Laptop nachgucken kann und nach eigener Aussage ja eh nichts zu tun hat. Währenddessen stellte ich M 47 ein, der sich zusammen mit NGC 2423 im Gesichtsfeld zeigte. Zwischen diesen beiden Objekten, im direkten Dunstkreis von M 47, fiel mir aber noch eine weitere Verdichtung auf: War dies vielleicht die 2422? Es war ziemlich unscheinbar, doch ein eindeutiges, gleichseitiges Dreieck, dessen hellste Mitglieder die Südwestkante bildeten. Das Innere war gefüllt mit ein paar faden Sternchen, insgesamt 10 bis 12 Stück. Martins Recherche brachte jedoch zutage, dass 2422 die NGC-Bezeichnung von M 47 war. Und Uwe konnte auf einer spontanen Probeaufnahme meinen angeblichen dritten Haufen nicht erkennen. Ja, bin ich denn blind oder was? Was für ein saublödes Teil.

Nach einem kurzen Lauf und ein paar Keksen – vielen Dank an dieser Stelle an Martin – ging es weiter mit NGC 2440. Oh nee, kein PN! Das war mir eigentlich schon zu anspruchsvoll für meinen Zustand. Na, egal, mal sehen, was der hergibt. Im 14er und mit OIII zeigte sich ein kleiner, runder Nebel. Das Zentrum war flächig und sehr hell, umgeben von einer schmalen schwächeren Zone. Er war länglich geformt. Ich sah auch bei höherer Vergrößerung keine Details, was mich im Nachhinein, bei der Nachbereitung, durchaus wundert. Dass es sich bei NGC 2440 um den berühmten insect nebula handelt, der reich strukturiert war, wusste ich im Vorfeld nicht.


Vielleicht war es mit der Konzentration einfach schon zu weit her. Es war schon halb 1 und mit -10°C verdammt lausig. Jeder Windhauch trieb mir die Tränen in die Augen und ich konnte die Gedanken an eine warme Badewanne nicht verdrängen. Laut Liste war auch NGC 2509 noch unbeobachtet, also ran an den Speck. In der Übersichtsvergrößerung von 52x tauchte ein auffallender, aber nicht aufgelöster und nebliger, unregelmäßig geformter Haufen auf. Im 14-mm-Okular zeigte sich eine verdammt interessante Morphologie, denn eine breite, dunkle Zone teilte den Haufen in ein großes Dreieck im Westen und ein kleineres im Osten. Von beiden Hälften geht jeweils eine Kette hellerer Sterne in den Süden ab, die starke Knicke aufwiesen. Es entstand die Assoziation mit zwei Froschschenkeln. Im 9er offenbarten sich viele Einzelsterne; die beiden Dreiecke waren reich an schwachen Mitgliedern. NGC 2509 war nicht aufzulösen und behielt einen matten Schleier. Ein schönes Objekt!


Ich hörte nebenan, wie Uwe seine Sachen langsam abbaute, was mir nicht unwillkommen war, wenn ich ehrlich sein soll. So schön die Nacht auch war, aber das Klima wirkte sich dann doch zermürbend auf Konzentration, Konstitution und Motivation aus. Es war gegen Viertel 2 und ich peilte noch NGC 2479 an, der sich ca. 1,5° nordwestlich von seinem Vorgänger entfernt befand. Es handelte sich um eine gut sichtbare, aber fade große Wolke – mir kam das Wort „filigran“ in den Sinn. Nicht aufzulösen. Die Erkenntnis kam mit dem 14er: „Ah, schön!“ Ich erkannte einen breiten, C-förmigen Bogen, der in Richtung Westen gekrümmt war. Dieser war umsprenkelt von vielen weiteren Sternen, die allesamt nahezu die gleiche Helligkeit aufwiesen. Sehr ansprechend und charmant aufgelöst in 25-30 Sterne.


Okay, dann wärs das also für heute! Es fehlte aber natürlich noch der Rausschmeißer der Nacht. Diese Ehre wurde M 51 zuteil, denn sie stand bereits hoch im Nordosten. Oh, der Frühling kommt! Der Anblick dieser gigantischen Spirale haute mich noch einmal fast aus den Polarschuhen. Was für ein Strudel. Der Drehsinn der zwei dominanten Arme war eindeutig, und derjenige, der sich in den Südwesten windet, wurde zum Ende hin merklich breiter, sodass fast der Eindruck eines dritten Armes entstand. Die Dunkelzone im Südosten war wie herausgestanzt. Irre! Aufgeregt rief ich Uwe herbei, der sich dieses Prachtstück unbedingt noch ansehen sollte, bevor wir abfuhren. „Gut“, sagte er.

Abbauen, Zusammenkramen, Eiskratzen. -10°C, die sich bei dem lauen Ostlüftchen in jede Jackenfaser festsetzten. Wir hatten schon wieder eine feine Eisschicht auf den Ärmeln. Lustig! Ach, ich hätte noch so viel machen können, aber langsam war die Grenze des Aushaltbaren erreicht. Mit Antarktisklamotten oder Yeti-Fell wäre sicher ein noch längeres Ausharren möglich gewesen, aber sowas habe ich leider nicht, also ließ ich den Waschlappen raushängen (d.h. die Waschläppin) und gegen 01:45 Uhr düsten wir zurück. Martin zog noch tapfer durch bis 05:00 Uhr und ist damit eindeutig der Held des Winters. Aber als Fotograf kann man sich natürlich immer mal ins Auto zurückziehen. Ich muss ja immer danebenstehen. Tja!

 


Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 11.02.2013

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