06./07.12.2016 – Ein Winternachtstraum

Am Tag nach dem Rhön-Trip war ich erstmal eine ganze Weile im Regenerationsmodus, was zur Folge hatte, die klare Nacht von Montag auf Dienstag liegenlassen zu müssen. Norman, der selber halbtot von Brauneck wieder eingeflogen war, ging es ganz ähnlich. Daher lautete das Motto, erstmal die Akkus aufzuladen und dann gut erholt anzugreifen. Einen einzigen Urlaubstag hatte er noch übrig, den er zu investieren bereit war. Fragt sich nur, wann.


Die Prognosen ließen frohlocken und wir mussten uns entscheiden zwischen Dienstag/Mittwoch und Mittwoch/Donnerstag. Zweite Variante verhieß eine tieffliegende Luftfeuchte von 20%, aber die Zirrenvorhersage sah nicht gut aus. Das erleichterte uns die Planung immens. Nach einem schönen sonnigen Tag brach der klare Abend an, mit einem Halbmond im Süden und den wenigen Sternen, die aus München heraus überhaupt sichtbar sind. Kurz vor 21:00 Uhr düsten wir los und steuerten ein weiteres Mal die schöne Wendelstein-Region an. Mit Interesse verfolgten wir unterwegs die Temperaturanzeige im Autodisplay, die im Tal von Bayrischzell spannende Werte von bis zu -7°C erreichte. Glücklicherweise waren die Straßen frei von jeglicher Glätte, und auch der Weg zum Sudelfeld war gut befahrbar, trotz diverser vereister Passagen.


Ca. 22:15 Uhr ging der Motor aus. Der Parkplatz-Zaun war abgebaut und ein paar Fahrzeuge standen dort mit zugefrorenen Scheiben. 1°C las ich im Armaturenbrett. Lauschig warm im Vergleich zur Rhön! Durch die höhere Luftfeuchte (70% anfangs) war es aber erstmal gefühlt eisiger, was durch den leichten Fallwind vom Nordhang nicht gerade angenehmer wurde. Der Halbmond stand grell blendend tief im Westen, während sich der restliche Himmel schon ganz manierlich zeigte. Orion und Großer Hund schickten sich an, aus dem Südosten emporzuklettern und das Zepter des Winters zu übernehmen. Ich grinste und freute mich riesig auf die Nacht.


Es war gespenstisch still in den Bergen. Nicht ein einziges Geräusch war zu vernehmen. Nur kurzzeitig hörte ich ein fahrendes Auto unten auf der Sudelfeldstraße, wie es über die Viehgitter ratterte, was durch die Stille nur umso eindrücklicher und näher klang. Sobald der Mond weg war, wurde es am Himmel richtig finster. War es in der Rhön schon super, packte es nun nochmal eine gewaltige Schippe drauf. Vor allem das Seeing war nicht zu fassen – Sirius, der bei mir normalerweise unter dem Stichwort „bunte Discokugel“ lief, stand einfach nur da und schien ruhig und beständig vor sich hin. Wasn hier los? Ich baute meinen Dobson direkt hinterm Berlingo auf, der einen perfekten Schutz bot, während Norman nebenan mit dem leichten Fallwind konfrontiert war. Pünktlich zum Monduntergang stand der 16er dann parat. Es kann losgehen. Ich war hochmotiviert!


Der erste Blick galt dem Orionnebel, quasi als Warm-up. „Jetzt ist Winter, jetzt kann man den ja beobachten, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen“, lautete die Rechtfertigung. Was soll ich sagen – der haute mich glatt aus den Socken. Das Zentralgebiet war mit Löchern und Fasern in allen Grün- und Minzschattierungen durchwirkt, die E- und F-Komponenten standen da wie gemauert, die Schwingen zeigten sich in schmutzigem Rostbraun und schlossen sich im Süden zum Bogen zusammen… Ich konnte mich kaum davon lösen. Ein wirklich schaurig-schöner Anblick. Wohl der beste Orionnebel, den ich überhaupt bisher gesehen hatte. „Scheiß die WAND an!“ Mir gingen am Okular die Flüche aus – ich war einfach sprachlos. Und auch Norman wunderte sich über meine Euphorie. „Nanu? Du und Orion?“ – „Ja… Verrat’s bitte keinem.“


Nach dieser ersten Offenbarung machte ich mich über die Objekte her, die ich mir am Nachmittag zurechtgeplant hatte. Im Cetus versteckten sich noch unheimlich viele kleine Edelsteinchen, die ich überhaupt nicht kannte. Eines davon war NGC 1073. Im Okular präsentierte sich ein recht flächenschwacher, ovaler und irregulär wirkender Nebel, durch den im Zentrum ein zarter Balken lief, inklusive vereinzelter Knoten.

Irgendwo in der Ferne tutete ein Zug, aber die BOB kanns nicht gewesen sein. Na wer weiß. Ich hatte nun eine lose Gruppe vorm Spiegel, die aufgrund ihrer morphologischen Unterschiede ebenfalls äußerst nett daherkam. NGC 1052 dominierte das Feld; die helle runde Bommel befand sich an der Ostspitze der Galaxienformation. Im Süden stand NGC 1042, die sich als das größte, aber auch flächenschwächste Objekt präsentierte. Das schwache, stellare Zentrum war umgeben von einem diffusen, ovalen Halo. SO-NW-gekippt, bildete NGC 1035 die Westspitze der Gruppe. Am Südende der kleinen Spindel setzte sich ein markanter Vordergrundstern ab. Zwischen 1052 und 1035 gab es auch noch NGC 1047, die ein kleiner, schwacher, ovaler Hauch blieb. Zitat vom Zettel: „Lustige Truppe!“ Die muss ich irgendwann mal noch zeichnen.


Dass der Himmel manchmal wirklich klein ist, zeigte sich an NGC 1253 – Norman hatte die ebenfalls beobachtet, ohne, dass wir es voneinander wussten. Zwischen zwei Feldsternen stand die längliche, sofort irregulär daherkommende Galaxie und offenbarte diverse Sprenkel und Aufhellungen in und außerhalb des Nebelkörpers. Östlich, direkt am Feldstern andockend, tauchte noch die Begleiterin auf, die wie ein fader, diffuser Geist wirkte und schnell übersehen war. Tolle, überraschende Objektkombi!

NGC 1355 und 1358 zeichnete aus, dass sie ein ungleiches Duo im Eridanus bildeten. 1358, der südlich stehende Part, war ein rundlich-ovales Gebilde mit hellem, ebenfalls eiförmigem Zentralgebiet. Ein Stück nordwestlich prangte die querliegende, spindelförmige Nachbarin, die aber sonst keine weiteren Einzelheiten preisgab.

Immer wieder warf ich ungläubige Blicke nach oben. Ist das wirklich Sirius? Warum blinkert der nicht mehr? Wo ist die Atmosphäre hin? Der steht einfach still! Außerdem fiel mir noch nie so deutlich auf, wie die schmutzigen Staubregionen im Stier in die winterliche Milchstraße reinragen – ein richtig plastischer Eindruck. Ich konnte den Dreck beinah greifen, der vor dem blassen Silberband schwebte, so nah kam es mir vor. Der Wärmehaushalt in meinen Füßen änderte sich minütlich; von „ganz angenehm“ bis „gefrorene Eisflossen“ waren sämtliche Nuancen binnen weniger Sekunden möglich. Schon spannend.


Das großartige Seeing machte sich beim nächsten Ziel bezahlt. NGC 1409 und 1410, irgendwo im Stier, bilden ein enges Galaxienpaar, deren Kerne nur 14“ auseinanderliegen. Normalerweise würde ich lediglich einen langweiligen, verschmolzenen Blob erwarten, aber die Zweiteilung war nun tatsächlich einwandfrei zu erkennen. 1409 bildete den südlichen, etwas größeren Hauptkörper, über dem 1410 als winziges, klar abgesetztes Bällchen schwebte. Noch eindrücklicher und deutlicher wurde das, als ich das gute 14mm-Oku mit der 3x-Barlow bekanntmachte, was eine Vergrößerung von 385x ergab. „Ich bau mir jetzt ‘nen Hebel“, verkündete ich. „Alles klar.“ Inklusive der Reduzierung, die nochmal 2cm hinzufügte, ragte eine Mords-Limbostange aus dem Hut heraus.

Norman pilgerte ums Auto herum, um seinen Messmich zu holen, der aufm Dach lag. Ergebnis: -2°C und 80% Luftfeuchte, was aber nicht passen konnte, denn es war trockener. Ein reizvolles Galaxientrio, ebenfalls in Taurus, gruppiert sich um den weltberühmten Stern HD 21926. Östlich von ihm ist das einzige Objekt, was auch im DSA verzeichnet ist: IC 331. Und nicht ohne Grund, denn dies ist das deutlich einfachste Mitglied des Trios. Ein runder Ball – mehr nicht. Auf der anderen Seite, sprich westlich von HD xy, liegt IC 329; Platz 2 auf der Leichtigkeits-Hitparade. Bisschen länglich kam sie daher. Und im Norden des Sterns ist IC 330 zu finden, die weit am schwächsten erschien. Ein blasser, ebenfalls langgezogener Hauch von Galaxie. Echt eine witzige Konstellation, die mich ein wenig an Wild’s Triplet erinnerte. Ich rief Norman herbei, dem ich das Trio erst am Nachmittag noch gezeigt hatte.

In weiter Ferne, Richtung Osten, war eine beleuchtete Skipiste zu sehen, auf der sich nun einige winzige, orange blinkende Lichter auf- und abbewegten. Die Pistenraupen waren unterwegs und präparierten den Hang, damit sich die ganzen Verrückten am nächsten Tag wieder herunterstürzen konnten. Ich blätterte etwas konsterniert durch den Atlas und musste feststellen, dass meine Objektauswahl vom Nachmittag ein wenig zu optimistisch war. Der ganze tolle Kram stand schon viel zu tief im Westen und war größtenteils noch vom Herbsthimmel, der sich bereits verabschiedet hatte. Komisch. Hab gar nicht mitbekommen, wie es Winter geworden ist. Die Zeit vergeht schnell, wenn man nicht hinschaut. Es war auch bereits 00:45 Uhr. Ich rannte ein bisschen den Asphaltweg hinauf, verharrte oben an der Kehre, den Ausblick genießend, und erfreute mich anschließend an einem Becher Kaffee. Ist schon toll, wenn man was Warmes für die Nacht dabeihat.


Bei NGC 1450 war es das Ziel, die beiden schwachen Edge-Ons zu sichten, die östlich und westlich von ihr stehen. Die NGC selber war eine eher öde Kugel. Und auch PGC 993557 (W) und PGC 993796 (O) waren dermaßen schwach, dass sie dem Anblick keinen Glanz verleihen konnten. Nicht mal der Edge-On-Charakter erschloss sich mir. Die Galaxien bildeten insgesamt ein Dreieck mit riesigem stumpfem Winkel an der Stelle von NGC 1450.


Der beliebte Preis „Fund des Tages“ ging eindeutig an Kollegen von NGC 1723, 1721, 1725 und 1728. Was für eine ungewöhnliche, attraktive Kombi. Mit -11° Deklination leider etwas tiefergelegt und deswegen eher unbekannt – aber ein Blick lohnt sich! Da haben wir zunächst einmal im Norden die flotte Balkenspirale NGC 1723, deren Charakter ansatzweise sichtbar war. Südlich von ihr gruppierten sich die anderen drei Objekte eng nebeneinander. 1721, das westliche Ende, wie ein länglicher, schwacher Barren mit SO-NW-Kippung. In der Mitte 1725, ein formschönes, kompaktes Bällchen. Und, last but not least, 1728 im Osten, aufrecht stehend und langgezogen. Bei 130x passte dieses urkomische Quartett wunderschön ins Sehfeld. Wenn das mal keine Entdeckung ist! Coole Gruppe.

Norman war gerade auf dem Wanderweg zugange und ich wartete, bis er zurückkehrte, um ihm die Gruppe zu zeigen. Anschließend mühte ich mich ab bei der Suche nach dem Red Rectangle, einem Proto-PN mit interessantem physikalischen Hintergrund – erfolglos. Klar, der 9mag-Stern ist leicht zu finden, aber abgesehen von einem stinknormalen Hof war da nichts, was sich irgendwie rechteckig oder x-förmig davon absetzte. Allerhöchstens würde ich behaupten, dass der Hof unproportional groß wirkte, im Vergleich zu den anderen Feldsternen in der Umgebung. Ich hatte gehofft, dass mir dieses Sahne-Seeing in die Karten spielt, wurde aber enttäuscht. Auch keine rote Färbung oder sowas. Nun ja. Norman, stärkungsbedürftig, konsultierte seinen Fressbeutel. „Ich brauche jetzt mal ein Brot.“ In meiner kreativen Hirnecke klingelte es, und, einer Eingebung folgend, parlierte ich: „Ein Brot tut not!“ Ha! Welch gereimte Weisheit zu so später Stunde! „Oh Mann, ich hab grad voll den Philosophischen.“ – „Ja, ich merk schon…“


Es war bisher wieder eine lustige Galaxienparade, und um etwas Abwechslung ins Spiel zu bringen, schwenkte ich auf den Reflektionsnebel NGC 1788 im Orion. Aber irgendwie hat mich das Teil nicht gecatcht. Das Objekt zeigte sich sofort als leichte Beute. Ein heller, langgestreckter Nebel, der sich um einige der Vordergrundsterne legte und nach Norden diffus in den Hintergrund auslief. Im Südost-Bereich war er am kräftigsten und bildete dort eine relativ abrupte Kante, hinter welcher es wiederum nochmal etwas heller wurde.


Ein kleiner Lauf, hinauf zur Kehre, tat mal wieder gut. Oben stand ich und ließ das gigantische Panorama genüsslich auf mich wirken. Die schwarzen Nadelbäume und der gleißende Orion sind für mich der pure Inbegriff des Winters. Wenn dazu noch eine schneebedeckte, totenstille und möglichst klirrend kalte Bergkulisse hinzukommt, ist meine Vorstellung eines idealen Winterhimmels vollauf erfüllt. Ein irgendwie… erhabenes Gefühl, diese Aussicht. Unten sah ich das rote Lichtlein von Normans Lampe glimmen und ich kehrte wieder um. Es war 01:40 Uhr und -1°C.


Ich setzte mein Programm mit Arp 61 fort. Interessant, interessant. Die Hauptgalaxie, PGC 15637, war nicht so der Oberknüller, aber was sich in ihrer Umgebung tat, lockte umso mehr. Einige winzige Krümel standen in ihrer direkten Nähe (und die gleißende PGC 15655 im Osten war damit nicht gemeint), und ich wollte wissen, welche zu erhaschen sind. Treffer 1: PGC 15632 südwestlich. Treffer 2: Vordergrundstern an der Nordspitze der Hauptgalaxie. Treffer 3: „compagnon“ am Vordergrundstern. Krachend schwach und nur zeitweise aufblitzend, aber tatsächlich vorhanden. Die drei „Peaks“ waren zwar als isolierte Elemente wahrnehmbar, blieben aber meist miteinander verschmolzen.

Es langte mit den ganzen blöden Galaxiendingern. Also, wirklich jetzt. NGC 2219 war ein offener Haufen im Einhorn, den ich im Atlas erspäht hatte und nun neugierig anfuhr. Bei Übersichtsvergrößerung machte der noch am meisten her, weil der Haufencharakter noch gut erkennbar war. Doch schon 130x zerstörte den Eindruck. Von diesem vielversprechenden, nebligen Schimmer, der zwischen den beiden 6- bzw. 7-mag-Sternen auftauchte, blieben nur noch ein paar versprengte Klunker übrig, die sich lose und unmotiviert im Raum verteilten. Das ist ja totaler Beschiss!


Ich war im Folgenden nun etwas ziellos, weil meine vorbildliche Herbstobjekt-Planung ja gänzlich für die Tonne war, aber mir fiel ein PN ein, den ich im Orion fand: Abell 10. Muss einer der leichtesten Exemplare sein. Es tauchte mit [OIII] sogleich eine kräftige, ovale Scheibe auf, die sich gut vom Hintergrund abgrenzte und in der Westhälfte heller erschien. Aber kein Zentralstern.

Gegen Viertel 3 gab es nochmal eine schnelle Kaffeepause und ich musste schlichtweg und geradeheraus feststellen: „Ist das ein schöner Himmel!“ Basta. Nächstes Objekt war das Duo NGC 1633/4, die wenig spannend waren. Weiß gar nicht, warum die überhaupt auf dem Programm landeten. Zwei Tupfen ohne Details, wobei dir nördliche (33) deutlich größer daherkam. Okay, ich merke gerade selber meine Inkonsequenz… Schon wieder blöde Galaxiendinger.


Biurakan 11 und 12 sprangen im Monoceros rum. Die beiden benachbarten offenen Haufen waren im Atlas identisch dargestellt, waren es im Okular jedoch nicht. Numero 12 war ganz scheu und unauffällig; ohne genaue Positionskenntnis würde man nicht vermuten, dass da ein Haufen sein soll. Ein schwacher Hauch ohne nennenswerte Form; einziger Bezugspunkt war ein markantes Sternchen am Ostrand des „Haufens“, bei dem ich jedoch nicht weiß, ob es dazugehört oder nur Statist am Rande. Biur 11 hingegen – deutlich besser. Da kam der Haufencharakter leichter heraus. Die Sternchen waren in einem Dreieck gruppiert und bei 130x in ihre Bestandteile aufgelöst. Ich zählte ca. 15 Stück. Trotzdem… So richtig Clusterfeeling kam bei dem Doppel leider nicht auf.


„Eigentlich müsste man mal wieder in den Lynx gehen, da ist noch so viel…“ sagte ich und scheute gleichzeitig dieses Hinterhof-Sternbild, in dem man sich zu Tode starhoppen kann, wenn man es drauf anlegt. Mutig versuchte ich es trotzdem und kam beim intergalactic wanderer heraus, NGC 2419. Der Kugelsternhaufen, der sich locker als E0-Galaxie tarnen könnte, geizt mit Einzelsternen. Er wird eingerahmt von einem Dreieck und füllt es beinahe vollständig aus. Zum Zentrum nimmt die Helligkeit nicht sehr stark zu, sondern bleibt auf weiter Fläche auf einem Niveau. An Einzelsterne brauchte ich nicht denken, doch ein Teilbereich am Südrand der Zentralfläche wirkte eine Nuance kräftiger.

Es war halb 4 und aufgrund schwindender Konzentration übte ich mich einen Moment lang in Müßiggang. Die Kehre oben sah mich wieder, und ich sah den tollen Ausblick wieder. Zurück am Platz blätterte ich etwas ziellos durch den Atlas, auf der Suche nach einer Eingebung. „Oh… Schön“, freute sich Norman nebenan und ich schielte herüber, um zu raten, wo der Dobson wohl hinpeilt. „Ach, nicht schon wieder!“ – „Neeein, nicht M 51.“ – „M 101?“ – „Auch nicht.“ – „M 97?“ – „Genau! Willste auch mal schauen?“ Ich latschte zum 12er und warf einen Blick auf das Duo M 97 und M 108, die beide bequem in einem Gesichtsfeld schwebten. „Och… Joah… Naja.“ Norman war empört über meine mangelnde Begeisterung: „Wenn DU, so wie ich, die ganze Zeit über nur schwache Funzeln gesucht hättest, würdest du das auch anders sehen.“ Äh? Ich hab mich wohl verhört. „Denkst du etwa, ich hätte mir hier die ganze Zeit über nur Messiers angeguckt, oder was? Also, für diese freche Aussage würde ich dir jetzt am liebsten… Hmmm…“ – „… eine reinhauen.“ – „Ja! Aber sowas von. Das ist ja mal dreist…“ Er lachte. „Hey!“ – „Ich kann dich mit der Bommelmütze irgendwie nicht ernstnehmen.“


Ich fand mit Alessi 60 noch einen netten Zeitvertreib. Der Sternhaufen war nun keine Ausgeburt der Konzentration, aber im Zentrum stach ein Ring hervor, den einige eng beieinanderstehenden Sterne bildeten.

Knarz, knaaaarz, knarzknarzknarz. „Ich reiß den blöden Scheißstuhl bald auseinander!“ Norman lachte wieder. Es gab einen kleinen Abstecher zu Streicher 55 (M 73 in Mini) und dem enttäuschenden NGC 2324, der, ähnlich wie 2219 vorhin, bei höherer Vergrößerung nicht das hielt, was er beim Aufsuchen versprach.


Wir hatten uns darauf verständigt, spätestens um 5e die Kurve zu kratzen, um nicht in den starken morgendlichen Berufsverkehr zu geraten. Blick aufs Autodisplay: 04:06 Uhr und -1°C. Mit meiner disziplinierten Konzentration ist es eh schon lange vorbei und ein bisschen Energie brauche ich auch noch für die Autofahrt. Die Nacht beendete ich so, wie sie anfing: Mit M 42, der nun in gänzlich anderer Richtung verkippt stand. Norman hingegen blickte dann doch noch auf M 51 und freute sich über die Spiralarme.


Kurz vor 05:00 Uhr rollten wir dann wieder den Berg hinunter. Hinter Bayrischzell fiel das Thermometer zeitweise auf lauschige -9°C. Bis zur Autobahn hielt sich der frühe Verkehr in Grenzen, aber je mehr man sich den Münchner Stadtgrenzen näherte, desto stärker nahm der Verkehr zu – genauso wie der Nebel. Mitten rein in den Dreck.

 



Une Berichte de AKE

08.12.2016, München

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