27./28.08.2011 - Hinterlassenschaften des Kaltlufteinbruchs

Pünktlich zum Wochenende kam die Kaltluftfront über uns und trübte das bis dahin schöne Sommerwetter. Nicht nur, dass es hässlich kalt und ungemütlich wurde – nein, es hatte auch noch geschneit! Der blanke Horror, ich hasse Schnee. Glücklicherweise verzog sich diese böse Front im Laufe des Nachmittags und hinterließ einen blankgeputzten Abendhimmel, sodass wir die zweite Astronacht in Angriff nehmen konnten.

Nach der Tropenbeobachtung vom letzten Mal fürchtete ich das krasse Gegenteil. Mit bangem Blick aufs Autothermometer zischten wir die Serpentinen hinauf. Mit jeder Kehre wurde es kühler und am Rettenbach angekommen, waren es nur +2°C. Ahh, alles weiß! Ein toller Himmel über uns! Superklar und ein wundervoller Erdschatten. Es zogen ein paar Wolken unten im Tal umher, aber solange die dort blieben, solls uns wurscht sein. Große Umstylingaktion, als ich aus dem Auto stieg – Zitat aus dem Buch: „Ich hatte noch nie so viele Sachen an.“ Während wir uns umsahen, kam dann plötzlich ein PKW auf den Parkplatz gefahren, fuhr einen großen Bogen und blieb in Blickrichtung zu uns stehen. Die Scheinwerfer blendeten uns. Uwe machte eine bedrohliche Geste mit der Hand, woraufhin der Fahrer sofort wieder das Weite suchte. Der hatte Angst bekommen, ganz klar.

22:30 Uhr war es richtig schön dunkel und kalt. Super. Zeit, meine Galaxienpärchenliste weiterzumachen. Mensch, ich find die super. NGC 5982/5 – zwei Drittel dieses berühmten dämlichen Tripletts – befinden sich im Drachen. Das ist das Sternbild, in dem ich keine Orientierung habe, weil es groß, verwirrend und zenitnah ist. Ich hatte vor Urzeiten mal versucht, die Sternbildlinien nachzuvollziehen, aber kurze Zeit später waren sie wieder vergessen. Die Galaxien zeigten sich etwa gleichhell, aber -2 war etwas kleiner. Sie war oval geformt, 1:2, besaß ein markantes Zentrum und darin saß ein stellarer Kern. Diese Galaxie, O-W-liegend, stand senkrecht zu 5985, die viel größer war, aber ähnlich oval aussah. 1:3. Ein nur mäßig ausgeprägtes Zentrum ohne Kern. Bei höherer Vergrößerung änderten sich die Gestalten nur marginal und ein mittig zwischen beiden stehender Vordergrundstern tauchte auf. NGC 5982 wirkte nun runder und die Übergänge in den Hintergrund waren schwammig. Die Nachbarin zeigte desweiteren einen länglichen Zentralbereich, das sich aber kaum absetzte, und ebenso diffuse Übergänge. Bei 83x tauchten allerdings zarte Einbuchtungen an den Enden der Galaxie auf. Über das dritte Mitglied dieses Trios (5981) machte ich keine Notizen.


Garradd war seit dem letzten Mal ein Stück weitergewandert, aber immer noch im Dunstkreis von M 71. Beide standen wunderschön beieinander. Ich verzichtete auf eine ausführliche Beschreibung des Kometen, denn er sah noch fast genauso aus. Der Schweif zeigte von M 71 weg.


NGC 5907 ist eine der berühmtesten und lohnenswertesten dünnen Galaxien, die wir beobachten können. Demzufolge sprang sie sofort ins Auge; eine bestechende Lichtnadel in N-S-Richtung. Die Helligkeit nahm stetig zur Mitte hin zu, gipfelte aber nicht in einem Kern. Es waren zwar auch bei höheren Vergrößerungen keine Details zu sehen, doch die Galaxie machte trotzdem einiges her. Westlich des Zentrums tauchte ein Feldsternchen auf. Die Ränder des Nebels waren scharf abgegrenzt (Andeutung des Staubbandes?); die Spitzen hingegen liefen etwas diffuser aus. Tolles Objekt! Kommt immer wieder gut.


Das nächste Paar lautete NGC 5905/8, die keine 50‘ südlich von der vorigen Lichtnadel rumhängen. Hochphilosophische Notiz aus dem Buch: „Einfach, aber irgendwie unauffällig.“ Hm, okay. 5905 wies eine rundliche Form (1:1,5) und ein nur mäßig helles Zentralgebiet auf. Ihre Gestalt war diffuser und ich verglich sie mit einem weichen Wattebausch. Bei indirektem Sehen löste sich ein schwaches Kernlein heraus. Die Form der Nachbarin, 5908, war dagegen erfrischend länglich und ging sich mit einem Achsenverhältnis von 1:3 aus. Sie wirkte kontrastreicher, doch auch hier war der Nucleus nicht mit direktem Sehen zu erkennen.


Der befürchtete große Temperatursturz blieb aus und auch 23:30 Uhr waren es noch immer 2°C – Plus! Allerdings fühlte es sich durch den Windchill kälter an, denn es frischte immer stärker auf. M 33 und M 15 waren mit bloßem Auge sichtbar; die schnelle grobe fst-Bestimmung ergab einen Wert von 6,3. Naja, passt schon. Bevor es mich aus den Pegasus-Gefilden vertrieb, riskierte ich noch einen Blick auf M 15, der bei 139x eine hervorragende Figur machte. In der Zwischenzeit wechselte das Datum.


NGC 524 befindet sich in den Fischen. Eine Gegend, die derart schwache und unbekannte Sterne aufwies, dass ich die Position der Galaxie mit normalen Worten nicht wiedergeben kann. „Irgendwo da mitten drin“ eben. Dafür allerdings war sie kein Problem und auf Anhieb erfassbar. Im 32er rund und mit hellem Zentrum, sowie punktförmigem Kern. Die Erkennung wurde ein wenig durch einen nahestehenden Vordergrundstern sabotiert. Wenn ich mir im Nachhinein jedoch Fotos ansehe, frage ich mich, wo dieser Störenfried sein soll. Bei höheren Vergrößerungen zeigte sich NGC 524 im gleichen Gewand: Ganz kreisrund. Kann man nicht viel bei falschmachen.


Zitat aus dem Buch: „Mir friert gleich die Hand ab! -> kurze Pause im Auto“. Aber diese kurze Pause dauerte bis 01:30 Uhr. Weichei. Tatsächlich kam ich nach dieser Unterbrechung wieder nicht mehr gescheit in den aufnahmefähigen Zustand zurück und widmete mich nurmehr einem letzten Objekt.



Berk 68, hart an der Grenze zwischen Perseus und Auriga, zeigte sich bei 48x als ein Haufen ohne typischen Haufencharakter. Keine Konzentration zur Mitte hin und somit eher unauffällig, doch er mochte recht groß sein. Vier hellere Sterne formten ein flaches T als Grundgerüst, welches von einem zarten Schleier umgeben zu sein schien. Bei höherer Vergrößerung war ich enttäuscht, dass nur wenige weitere Mitglieder hinzukamen. War nicht so der Brüller. Im Nachhinein weiß ich aber, dass dies nicht der eigentliche Haufen war, denn der steht knapp unterhalb des flachen Ts.

Und dann war die Beobachtung auch schon vorbei?! Keine Lust mehr, Wolken, im Auto gepennt? Den Grund hatte ich mir nicht aufgeschrieben, ich weiß jedoch, dass wir bis zum frühen Morgen oben blieben. Denn als wir in der Dämmerung durch Sölden wollten, um zur Pension zu gelangen, wurden wir durch den nahenden Start des Ötztaler Radmarathons daran gehindert. So schlichen die Autos gaaaaaaanz laaaaaangsam durch die gesperrten Straßen, während sich die Radfahrer gerade warmmachten und ein zusätzliches Hindernis darstellten. Mir war das alles egal, denn ich dämmerte schon lange nutzlos auf dem Beifahrersitz vor mich hin und nahm diese Situation mit den ganzen entgegenkommenden Rennradlern nurmehr schemenhaft wahr – so ähnlich wie bei dem alten Windows-Bildschirmschoner.

 




Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 11.03.2013

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