Erste Kometenfotos: 1986/7

Das neue Jahr begann mit der Ankündigung organisatorischer Veränderungen. Ein dreiwöchiger Turnus bzgl. der Fachgruppentreffen wurde festgesetzt, Uwe Berthan zum Stellvertreter ernannt und ein grober Jahresfahrplan ausgearbeitet. Wohlrab erhielt zudem freien Zutritt („endlich einen eigenen Schlüssel“) zur Bürgel-Sternwarte. Da die Fachgruppe den fakultativen Astronomieunterricht an der Schule übernahm, konnten, auch bei Abwesenheit der Leitung, die Instrumente benutzt werden, was sich positiv auf die Aktivitäten und den Zustand der Räumlichkeiten auswirkte.


Das schlechte Wetter hatte noch lange angehalten, sodass die „Wiederentdeckung“ von Halley erst am 14.01. gelang, der noch heller wurde und einen sichtbaren Schweif ausgebildet hatte. An diesem recht milden Januartag kam es aber nach der halbstündigen Beobachtung wieder zu Wolken und Regen. Es besserte sich in den Folgetagen, was die Schönebecker Fachgruppe zur weiteren Fotografie bestrebte. Neben dem begehrten prominenten Kometen, über dessen Tageskoordinaten man stets informiert war, standen auch weitere Sternfeld- oder Mondaufnahmen auf dem Programm. Ein Volksstimme-Artikel von Herrn Wohlrab informierte am 29.01. die Öffentlichkeit über die Sichtbarkeit Halleys.

In der Folgezeit jedoch hatte man wieder mit ungünstigen Bedingungen zu kämpfen, und trotzdessen man sich auf das Dach der Bürgel-Schule begab, kamen kaum Ergebnisse zustande. Stattdessen verfolgte man regelmäßig die Fachgruppenabende und schmiedete Pläne für sommerliche Arbeitseinsätze und Exkursionen.


Unerwartete Probleme für die Astronomen taten sich Ende April auf, als die Schulleitung ohne Absprache mit der Fachgruppe oder dem Kulturbund beschloss, das Dach und die Innenräume der POS zu renovieren und zu diesem Zwecke ein „Sternwartenverbot“ verhängte. Dies erregte natürlich die Gemüter und das völlige Unverständnis der Mitglieder, die ihre Aktivitäten, allen voran in der Halley-Verfolgung, in Gefahr sahen. Obwohl sie sich stets sehr um die Pflege und den Erhalt der Sternwarte einsetzten, „seit 3 Jahrzehnten ohne jede Beanstandung“, hegte der Direktor der Bürgel-Schule, Herr Köcher, ein Misstrauen gegenüber der Fachgruppe, was man als eigentliche Ursache des Verbots ansah.


Ohne feste Sternwarte ließ es sich für die Gruppe schlecht arbeiten und man wandte sich an die Ortsleitung, die sich mit dem Direktor auseinandersetzte. Kurzerhand konnte man, nach Absegnung seitens der Schulleitung, einige Instrumente aus den Räumlichkeiten umlagern und brachte sie in den privaten Garten von Herrn Wohlrab. Darunter waren zwei Telementoren samt Zeiss-Montierung. Auf dem provisorischen Standort konnten schon am 02. und 03.05. neue Halley-Fotos, sowie Strichspur- und Sternfeldaufnahmen entstehen, woran sich sechs Mitglieder beteiligten. Manche sahen den Schweifstern zum ersten Mal. Die Bedingungen waren hervorragend, doch als störend stellten sich stark beleuchtete Zierpflanzen-Gewächshäuser heraus, die sich an der Stelle befanden, wo heute das Kaufland-Einkaufszentrum zu finden ist.


Am darauffolgenden Abend traf man sich erneut für ein ähnliches Programm, das vorbildlich dokumentiert und hinterher ausgewertet wurde („gut“, „sehr gut“ oder „sehr gut!“). Die chemische Fotografie unter Verwendung von Filmmaterial benötigt(e) ein genaues Notieren der Aufnahmezeiten und Reihenfolgen, um die entstandenen Ergebnisse nach der Entwicklung auch zuordnen zu können. Oft erfolgte ein anschließendes Beschriften der Negative oder Dias. Was heute mit der Digitaltechnik selbstverständlich erscheint, ist das automatische elektronische Abspeichern von Datum, Belichtungszeit, Dateiname und vielen weiteren Informationen (sog. Metadaten), die meist im Exif-Format abgelegt sind und über den Computer abgerufen werden können. – Diese Aufgabe verfolgte die Schönebecker Fachgruppe sehr genau. Ein Schriftführer kümmerte sich darum, die notwendigen Angaben im Beobachtungsbuch festzuhalten. Zudem informierte man sich über die damals aktuelle Entfernung des Kometen, der sich wieder auf seinem Rückflug von der Sonne befand, und berechnete die Ausdehnung der Koma. Gegen 23:00 Uhr entstand das letzte Foto und beendete damit die „Halley-Zeit“ der Fachgruppe. Ihre Ergebnisse sandten sie an den Arbeitskreis Kometen in Jena, was den Schönebecker Beitrag für die zentrale Beobachtung Halleys darstellte. Sie wurden weitergeleitet an die „International Halley Watch“, die in den USA gegründete Sammelstelle für sämtliche Forschungsergebnisse und Messdaten in Bezug auf den Kometen.

Am 16.05. fand die nächste Exkursion der Fachgruppe statt, die bei schönem Sonnenwetter nach Jena und Tautenburg führte. Das Zeiss-Großplanetarium aus dem Jahr 1926 war vier Jahre zuvor bereits besucht wurden, aber an diesem Tag fanden sich wesentlich mehr Leute zusammen und konnten den neuen Sternprojektor „Cosmorama“ erleben. Es wurde im Zuge einer umfassenden Umbaumaßnahme installiert, die ab 1984/85 vermehrt computergesteuerte Technik in das Planetarium einbrachte. In Tautenburg hielten sich die Schönebecker nur kurz auf, da es die Busverbindung nicht anders erlaubte, doch trotzdem machte der Besuch im Karl-Schwarzschild-Observatorium viel Eindruck. Die Einrichtung, die seit 1960 existiert, wurde 1992 umbenannt in „Thüringer Landessternwarte Tautenburg“ und besitzt mit dem 2-m-Spiegel „Alfred Jensch“ das größte Teleskop in Deutschland, das zudem auch fotografisch genutzt werden kann.



Es folgte am 28.05. eine Aussprache mit der Schulleitung, die den Erfolg erzielte, dass die Sternwarte nach Ende der Dacharbeiten zumindest teilweise genutzt werden konnte. Um die Dachhaut nicht weiter in Mitleidenschaft zu ziehen (Undichtigkeiten hatten sich durch das Betreten aufgetan), wurde außerdem eine eigene Beobachtungsplattform neben dem Dachaufbau eingeplant.

Im Sommer wurde wieder ein Jugendlager in Kirchheim ausgerichtet, woran die drei Schönebecker U.Wohlrab, U. Berthan und G. David teilnehmen konnten. Vom 07. bis 19.08. standen viele Vorträge und Berichte, auch von bekannten Astronomen wie Wolfgang Roloff oder Günter Loibel, auf dem Programm. Die Themen waren breit gefächert und gingen von Veränderlichen, über Spiegelbau bishin zu Entwicklungstechniken. Auch Peter Rucks aus Thüringen, der bis heute guten Kontakt nach Schönebeck hält, sprach über das Thema Dia-Fotografie. Da das Wetter eher schlecht war, konnten nur an zwei mäßigen Abenden kurze Beobachtungen durchgeführt werden, doch der zuvor schon beschriebene 50-cm-Spiegel zeigte Objekte, wie M 13 oder M 57, in guter Qualität. Auch ein weiterer Ausflug nach Tautenburg war angedacht, wo Wolfgang Högner, der dort arbeitete und seit 2009 verstorben ist, über die aktuellen fotografischen Ergebnisse am Karl-Schwarzschild-Observatorium referierte – von den Teilnehmern als „Höhepunkt“ gewertet.

Nachdem am 09.09. weitere Sternfeldaufnahmen auf dem Gartengrundstück entstanden, traf sich die Schönebecker Fachgruppe am 19.09. regulär im Humboldt-Club, um Organisatorisches zu besprechen und auf die Fotos zurückzublicken, die man in den vergangenen Monaten gewonnen hatte. Es wurden Dias von der Kirchheim-Exkursion gezeigt, und ebenso stellte Holger Lang seinen Film vom Ausflug nach Jena vor. In diesem Monat zählte man 15 Mitglieder zur Fachgruppe, die aber natürlich nicht alle gleich aktiv waren. Mit dabei war auch Marcus Richert von der Magdeburger Fachgruppe, der zuvor mit im Jugendlager anwesend war und bis zu seinem Unfalltod im Dezember 2004 eng mit Uwe Wohlrab zusammenarbeitete. Er hatte sich zuvor ebenfalls an der „International Halley Watch“ mit 27 Kometenaufnahmen beteiligt, und war mit 27 Kometenaufnahmen einer der produktivsten Fotografen aus dem deutschsprachigen Raum.

Eine weitere Neuerung im Bereich der Astrofotografie hielt am 03.10. Einzug auf der Bürgel-Schulsternwarte, denn der 80/840-Refraktor konnte auf dem Cassegrain-Teleskop montiert werden. Mit diesem neuen Aufnahmegerät konnte ein höherer Abbildungsmaßstab erzielt werden. Um die genaue Nachführung zu gewährleisten, war wieder Selbstbau- und Bastelgeschick gefragt: Ende November fertigte Guido David, gelernter Elektriker, eigens dafür einen Frequenzumwandler an. Eine der ersten Aufnahmen mit dieser Zusammenstellung zeigt den Großen Orionnebel am 07.12.1986.

Fünf Jahre war die astronomische Fachgruppe nun in der Obhut von Herrn Wohlrab, und so standen am 10.10. wieder neue Wahlen zur Leitung an der Tagesordnung. Er blickte zunächst auf seine bisherige Amtszeit zurück und legte den Rechenschaftsbericht darüber dar, in dem ein positives Fazit gezogen werden konnte. Genannt wurden u.a. das Hinzustoßen aktiver Mitglieder, die Erweiterung der technischen Ausstattung und die Vertiefung in die Astrofotografie, die der Fachgruppenaktivität einen Aufschwung verlieh. Zu dem Zeitpunkt hatte man bereits über 100 Aufnahmen gewonnen. Als einen ebenso positiven Aspekt benannte Wohlrab die regelmäßigen Exkursionen zu astronomisch bedeutsamen Stätten, die er stets sehr sorgsam vorbereitet und durchgeführt hatte. Auch die vorangegangene Problematik des „Sternwartenverbots“ wurde angerissen. Nach obligatorischen Dankes- und Ehrungsworten anlässlich des freiwilligen Rücktritts von Herbert Ehrecke aus seiner Stellvertreter-Position wurden Namensvorschläge gesammelt. Es wurde wieder ein Leitungs-Trio bestimmt, dass sich aus Wohlrab (wiedergewählter Fachgruppenvorsitzender), Uwe Berthan (Kassierer) und Guido David (technischer Leiter) zusammensetzte. Es folgten weitere organisatorische Punkte, und zum Abschluss wurden die neusten Schwarz-Weiß-Astroaufnahmen und Farbdias präsentiert.


Am 17.10. ereignete sich wieder eine totale Mondfinsternis, und durch gute Wetterbedingungen und einem günstig gelegenen Freitags-Termin konnte sich die Schönebecker Fachgruppe zu einer Beobachtung treffen. Man versammelte sich im Garten von Herrn David und teilte sich die Aufgaben untereinander auf. Jüngere Mitglieder notierten sich die Ein- und Austrittszeiten einzelner Mondregionen in/ aus dem Kernschatten der Erde, während die Erfahreneren mit der Fotografie durch den 80/840-Refraktor beschäftigt waren. Im Rahmen einer regulären Zusammenkunft wurden die Ergebnisse innerhalb der Gruppe vorgestellt.

Das Wochenende vom 18. und 19.10.1986 stand im Zeichen des Jugendseminars des Bezirkes Magdeburg, welches im dortigen Astronomischen Zentrum veranstaltet wurde. Sieben Schönebecker nahmen daran teil. Nach der Eröffnung durch den Bundesfreund Albrecht gab es wieder zahlreiche Referate zu verschiedenen Themen der Amateurpraxis zu hören: Sonnensystem, Fernrohrantriebe, Spektroskopie… Neben dem „alten Bekannten“ Gerhard Eschenhagen und weiteren Mitgliedern aus Magdeburg hielt auch Guido David einen Vortrag, in welchem er die astrofotografischen Ergebnisse „made in Schönebeck“ vorstellte.

Dass die Astrofotografie stand absolut im Vordergrund bei den Beobachtungen. Jede klare Nacht im November und Dezember wurde ausgenutzt, um neue Bilder mit dem 80/840 zu produzieren – fast schon wie am Fließband. Es konnten zwar keine neuen Kometen aufgenommen werden, doch stattdessen wuchs das Archiv im Deep-Sky-Bereich an: Ringnebel, NGC 246, M 31, Saturnnebel, … Man setzte sich zudem auch stärker mit der „Nachbearbeitung“ auseinander, d.h. mit den verschiedenen Möglichkeiten der Entwicklung und Reproduktion, mit Kontraststeigerung und unterschiedlichen Papierarten. Diese Experimente wurden v.a. von Herrn Wohlrab akribisch ausgewertet – eine Eigenschaft, die bis heute nichts von ihrer Ausprägung eingebüßt hat. Es war für das anstehende neue Jahr ferner angedacht, die Dunkelkammer zu erweitern, um die Möglichkeit zu schaffen, Farbfotos zu entwickeln. Weiteren Zuwachs, in Form von zwei Neuntklässlern und einem weiteren Jungen, erhielten die Hobbyastronomen beim Fachgruppenabend am 12.12. im Humboldt-Klub. Die Weihnachtsfeier am 21.12. auf dem Bierer Berg, an der neun Mitglieder teilnahmen, beschloss das Jahr 1986.

Dass die Astrofotografie stand absolut im Vordergrund bei den Beobachtungen. Jede klare Nacht im November und Dezember wurde ausgenutzt, um neue Bilder mit dem 80/840 zu produzieren – fast schon wie am Fließband. Es konnten zwar keine neuen Kometen aufgenommen werden, doch stattdessen wuchs das Archiv im Deep-Sky-Bereich an: Ringnebel, NGC 246, M 31, Saturnnebel, … Man setzte sich zudem auch stärker mit der „Nachbearbeitung“ auseinander, d.h. mit den verschiedenen Möglichkeiten der Entwicklung und Reproduktion, mit Kontraststeigerung und unterschiedlichen Papierarten. Diese Experimente wurden v.a. von Herrn Wohlrab akribisch ausgewertet – eine Eigenschaft, die bis heute nichts von ihrer Ausprägung eingebüßt hat. Es war für das anstehende neue Jahr ferner angedacht, die Dunkelkammer zu erweitern, um die Möglichkeit zu schaffen, Farbfotos zu entwickeln. Weiteren Zuwachs, in Form von zwei Neuntklässlern und einem weiteren Jungen, erhielten die Hobbyastronomen beim Fachgruppenabend am 12.12. im Humboldt-Klub. Die Weihnachtsfeier am 21.12. auf dem Bierer Berg, an der neun Mitglieder teilnahmen, beschloss das Jahr 1986.

Das neue Jahr begann so, wie man das vorige beendet hatte: Mit neuen Fotos von Offenen Sternhaufen, obschon das Wetter nicht ideal war. Für 1987 standen außerdem Bauarbeiten auf der Schulsternwarte an, die am 11.02. mit der Beschaffung von Baumaterialien (Steine, Zement, Sand) begannen. Es sollte der Betonsockel der Fernrohranlage erweitert werden, um die Beobachtungsplattform auf dem Dach zu modifizieren – die Hauptaufgabe der Baumaßnahme. In den nachfolgenden Tagen – es waren gerade Schulferien – verbrachten die Jugendlichen viel Zeit mit den Arbeiten. Der Dachluke, Treppe, dem Schiebedach und Türen und Fenstern wurde ein neuer Anstrich verpasst. Zudem konnte die Fernsehantenne, die bisher in der Hauptbeobachtungsrichtung stand, an eine weniger störende Stelle umgesetzt werden. Auch die Montierung, die im Vorjahr aufgrund des Zutrittverbotes umgelagert wurde, wurde wieder auf dem Dach installiert, und an ihr wurden drei weitere Halterungen für Kleinbildkameras befestigt. Bis Ende März hatten die Mitglieder 250 Arbeitsstunden geleistet, um die geplanten Veränderungen zu realisieren. Schlussendlich war der Umbau sehr erfolgreich und lohnend, da man die maximale Auslastung der Anlage fast erreicht hatte und nun fünf Leute gleichzeitig fotografisch zu arbeiten vermochten. Lediglich den angedachten Ausbau der Plattform konnte man nicht durchführen, da es „unerwartete Schwierigkeiten“ in der Projektierung gab.

Die guten Bedingungen, die der Mai bot, wurden für weitere Aufnahmen mit dem 80/840-Teleskop genutzt. Mehrere Deep-Sky-Objekte des Messier-Katalogs, die sich am frühen Sommerhimmel befinden, wurden in den „äußerst klaren“ und mondlosen Nächten abgelichtet, darunter M13, M11, der Ring- und der Omeganebel. Einige Fotos und ein Erfahrungsbericht unter dem Thema „Extreme Öffnungsverhältnisse in der Astrofotografie“ wurden von Wohlrab und David in „Astronomie und Raumfahrt“ veröffentlicht. Dies freute die Fachgruppe besonders, denn diese Zeitschrift war in der DDR weit verbreitet und die erste Anlaufstelle, in der Amateure eigene Artikel und Erzeugnisse veröffentlichen konnten. Die fotografischen Ergebnisse waren ein „glänzender Erfolg“, die man der Öffentlichkeit auch gern präsentierte. Ende Juli ging der Artikel auf Reisen und wurde in der ersten Ausgabe des Jahres 1988 veröffenticht.

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