17./18.04.2010 - Eine angenehme Nacht daheim

Das Wetter an diesem flugzeugfreien Wochenende hielt sich, sodass ich am Samstagabend wieder das Teleskop ausführen könnte. Gegen 22:30 Uhr stand die Gerätschaft fertig aufgebaut neben dem Hundezwinger und wartete auf den Startschuss. Es war angenehm mild. Bei 9,5°C und in Badehose war ich zunächst auf der Suche nach einem Radio, um nebenbei ein wenig Musik zu hören, doch es blieb bei der nächtlichen Stille. Wolkenloser und halbwegs transparenter Himmel, der durch die tief im Westen stehende Mondsichel noch leicht aufgehellt war. Das Seeing war nicht der Rede wert. Eingeläutet wurde die Beobachtung durch eine Schnuppe, die durch Virgo zog, und einen hellen Iridium Flare im Drachen. Weil es so mild war, schrieb der Kuli wie ‘ne Eins. Perfekt!


Ein leichter Einstieg: M 101. Bei 39x zeigte sich ein auffälliger, großer, verwaschener und runder Nebel, der fließend nach außen in den Hintergrund auslief. Ein sehr weiches Aussehen. Die Galaxie besaß kein auffälliges oder helles Zentrum und nur einen schwachen Kern und geizte mit Details. Im 20er sah ich außermittig ein stellares Objekt – Kern oder Vordergrundsternchen? Bei indirektem Sehen waren undefinierbare Dunkelstrukturen erkennbar – Andeutungen der Spiralarme, doch der Drehsinn blieb mir verborgen. Ein unruhiger, asymmetrischer Anblick; die Form irgendwie „halbkreisig“. Bei 83x verschwand der flaue Halo; dafür wurde das nur mäßig helle Zentrum betont. Daneben befand sich ein Vordergrundstern. – Zusätzlich zur Textbeschreibung versuchte ich mich an einer Zeichnung.

Frühlingszeit – Galaxienzeit! Bestens, denn von den knapp 200 Galaxien in der H-400-Liste stand die große Masse noch aus. Und so ging der Schwenk auf die längliche NGC 2681, die zwar ein helles Zentrum besaß, aber ob ihres schwachen Halos leicht übersehen werden konnte. Bei indirektem Sehen nahm er (also der Halo) eine breitere ovale Form an. Die Galaxie war O-W-ausgerichtet. Am Ende ihrer Westhälfte präsentierte sich ein Vordergrundstern, der sich bei höherer Vergrößerung in ein winziges Zwei- oder Dreifachsystem auflöste. Dieses Sterngrüppchen täuschte die längliche Form der Galaxie vor – in Wirklichkeit war sie rund. Der Kern war relativ hell und stellar.


Die Beobachtung des nächsten Ziels, NGC 3079, stellte mich zunächst vor ein Rätsel. Im 32er sah ich ein recht schwächliches, unauffälliges und längliches Nebelchen, das auch als eine kleine, unaufgelöste Sternkette hätte durchgehen können. Einsatz des 20er-Okulars: „ehrlich gesagt – ich seh nix mehr“, schrieb ich. Ich bildete mir an Ort und Stelle einen schwachen Nebel ein, doch der war nicht eindeutig haltbar. Ich rührte ein wenig herum – ah, halt! Da! Hatte ich mich nur an der Stelle geirrt? Ein Stück weiter „unten“ war ein auffälliger, langgestreckter Nebel, der direkt bei einem markanten Sterndreieck lag. Ohne Kern und mit nahezu einheitlicher Helligkeit – Bingo. Da war sie doch. Allerdings war ich zu beleidigt, als dass ich mich noch näher mit ihr beschäftigen wollte.


Aus der vorigen Beobachtungsnacht war NGC 2950 noch übriggeblieben, die ich zwar zu finden versuchte, doch ohne Erfolg. Also nun. Die Galaxie war erst auf den zweiten Blick sichtbar und befand sich neben einem Sterndreieck bei ny UMa. Mir erschien die Form des lichtschwachen Nebelchens länglich und das Zentrum hinterließ einen körnigen Eindruck. Im 20er war ein stellarer Nucleus erkennbar, der von einem rundlich geformten Zentrum und einem flauen Halo umhüllt wurde. Ein eher unspektakuläres Objekt.


Es war eine sehr angenehme Stimmung kurz vor Mitternacht. Die Ruhe wurde nur leicht gestört vom leisen Schnarchen und Grunzen der Rottweiler und am Teich summte die Sauerstoffpumpe gemächlich vor sich hin. Die Grenzgröße war mit 5,5mag ähnlich dimensioniert wie am Vortag. Das Datum wechselte, und ich setzte meine Herschel-Jagd fort.


NGC 3938 ist in einer sternarmen Gegend in der Großen Bärin lokalisiert und dementsprechend schwieriger aufzufinden. Erstmal eingestellt, fiel sie als diffuser, ovaler Nebel auf, der keine großen Helligkeitsunterschiede aufwies. Einheitsbrei ohne markanten Zentralbereich oder Nucleus; von Strukturen fangen wir mal erst gar nicht an. Im 15er erhaschte ich einen kurzen Eindruck (Pink Floyd: „fleeting glimpse“) vom Zentrum, doch alles in allem soff die Galaxie fast im Hintergrund ab.


Wie am Vorabend schon widmete ich mich der künstlerischen Darstellung eines Messier-Objekts und bannte M 81 aufs Papier. Auch ein schneller Blick auf die Nachbarin M 82 war drin, die mir stets mehr zusagt als Bodes Nebel. Die Uhr sagte 00:30, und ich genoss die nächtliche Stimmung in vollen Zügen und fühlte mich pudelwohl.

Beim Aufsuchen des nächsten Ziels konnte man wieder von M 81 ausgehen. NGC 2985 war sogleich brüllend im Gesichtsfeld. Ein runder Nebel mit stellarem Nucleus. Höher vergrößert machte er einen eher ovalen Eindruck und außer einem flächig-runden Zentrum waren keine weiteren Details erkennbar. Ein Vordergrundstern stand nahebei, der geringfügig schwächer daherkam als der Galaxienkern. Durch den relativ kleinen Halo wirkte NGC 2985 ziemlich kompakt.


Ich suchte anschließend NGC 2964 auf. An Ort und Stelle tauchte ein schwaches Nebelchen auf, das anfangs nahezu unsichtbar, später dann doch dauerhaft haltbar war. Es hätte auch NGC 2968 sein können, denn laut Karte treten dort zwei Galaxien als intergalaktisches Doppel auf, doch die ist wesentlich schwächer und ich sah nur einen einzigen Fleck. Die Form von NGC 2964 war nicht eindeutig zu bestimmen; ich tippte ganz diplomatisch auf oval-länglich. Das Zentrum war nur geringfügig heller als der Rest. Keine Details, auch nicht bei höheren Vergrößerungen. Jedoch bestätigte sich die gestreckte Gestalt.

Ich schaute noch einmal genauer hin und entdeckte, dass NGC 2968 doch sichtbar war. Aber sehr schwach und kaum zu halten. Auch die Form war nicht zu erkennen; vermutlich rund. Schwierige Sache.


Zwischendurch wunderte ich mich über einen Geruch, wie nach neuen Schuhen. Ich schnupperte nach der Ursache: Die Reifen vom Auto meiner Mutter. Toll. Es war nach 01:00 Uhr und meine Hände wurden langsam kalt, doch noch alles im grünen Bereich. Ein Mordsspaß!


Die enttäuschende Feststellung, nachdem mein Dobson NGC 2859 im Fokus hatte: „auch keine Ausgeburt an Helligkeit.“ Ein eher unauffälliger und fader Nebel in der Nähe von Alpha Lyn. Im 20er hob sich der stellare Kern v.a. bei indirektem Sehen gut vom Rest der Galaxie ab, die ansonsten eine einheitliche Helligkeit aufwies und allmählich in den Hintergrund auslief. Bei 68x und indirektem Sehen wirkte der flaue Halo riesig, war aber in dieser Dimension schwer zu halten.


Nun führte mich der Sternatlas in eine absolute Hass-Region: Der Bauch des Löwen. Es dauerte Äonen, bis ich 52 Leo endgültig festgenagelt hatte. Warum habe ich dort solche Probleme? Die Galaxie NGC 3377 dagegen war kein Problem, obschon eher schwächlich und fast im Hintergrund zerfließend. Sie bildete mit dem dummen 52 Leo und einem weiteren Sternchen ein gleichschenkliges Dreieck. Die Form der Galaxie war schwer zu erkennen – wieder mal -, vermutlich oval. Der „pünktliche“ Kern saß in einem nicht besonders hellen Zentralbereich. Bei 68x vermutete ich südöstlich davon einen schwachen Vordergrundstern.


Viel Zeit benötigte ich auch für die Suche nach NGC 4147 in Coma Berenices. Oh Schreck, ein Kugelsternhaufen! Was für ein Exot! Quasi der Hahn im Galaxienkorb. Im 32er war ein auffälliger runder Nebelball zu bestaunen. Das gnadenlose Urteil nach dem Wechsel auf das 15er: „klein und mickrig“. Nicht aufzulösen. Ein helles Zentrum und im Vergleich zur Gesamtfläche ziemlich groß. Die Form war oval-dreieckig. Noch eine Schippe draufgelegt und die Vergrößerung auf 138x getrieben. Ich nutzte zu der Zeit noch ein „uraltes“ 9mm-Okular, das bei meinem ersten Teleskop mitgeliefert wurde. Ein neues 9er wurde bereits bestellt, aber noch nicht geliefert. Nun, denn. Es zeigte einen runden Halo, aber keine Einzelsterne. Trotzdem wirkte der Kugelsternhaufen stellenweise grob strukturiert.


Im Anschluss an diese „außergewöhnliche“ Objektklasse brauchte ich wieder was Schönes nebliges und widmete mich einer Zeichnung von M85 und ihrer Nachbarin NGC 4394, die außerdem auf der Herschel-400-Liste stand.

Furioses Finale mit NGC 4450, die leicht aufzufinden, auffällig und oval geformt war. Im 20er schien der stellare Kern nicht exakt mittig und es waren keine Details sichtbar. Auch hier zückte ich Stift und Papier, um das Objekt zeichnerisch aufzunehmen.

So, reicht für heute! Zu später Stunde (02:28 Uhr) warf ich einen letzten Blick in den Himmel. Die Milchstraße stieg zart schimmernd im Osten empor und das Sommerdreieck war vollständig zu sehen – mir wird warm ums Herz! Doch so richtig sommerlich war es noch nicht, denn mich fröstelte etwas. Mit Badehose eigentlich kein Wunder. Außerdem war ich müde und hatte weder Zeichenpapier, noch mögliche Beobachtungsziele auf der Liste. Ab rein!

 


Ein Beobachtungsbericht von A.-K. Ebeling

Schönebeck, 15.06.2012

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