05./06.05.2013 - Mild, passabel und ganz okay

Ein sportlicher Sonntag! Nachdem ich mich am Vormittag beim Lauf-Wettkampf abgequält hatte, blieb tagsüber noch viel Zeit, um Schlaf nachzuholen und die drohende Nacht vorzubereiten. Wundervolles Sonnenwetter und frühlingshafte Temperaturen – der Monat Mai war mir schon immer sympathisch. Wir legten die Treffzeit auf 20:00 Uhr fest.


So mild war es abends schon lange nicht mehr und die frische Luft wehte während der Fahrt durch die Fenster ins Auto. Wir wollten eigentlich zum Jägerplatz, aber bereits als wir aus Loburg herausfuhren, sahen wir die tiefen Nebelschichten, die über den Äckern hingen. Nein, bitte nicht schon wieder… Wagemutig befuhren wir den Feldweg, kehrten aber bald wieder um, denn genau am Jägerplatz hielten sich die dichtesten Vorhänge. Also, wieder mal zum „schlechten“ Standort bei Schweinitz!

„Schlecht“ ist allerdings relativ, denn hier war absolut nichts mehr vom Nebel des Grauens zu sehen. Es war kurz nach 21:00 Uhr und die abendliche Kläff-Serenade war wieder im vollen Gange; hinzu gesellte sich das Blöken der Schafe. Wunderbare, frische Fläming-Luft bei tropischen +16°C, die sich im Laufe der Nacht auf 10°C abkühlen sollten. Die Zirren, die insbesondere in der westlichen Himmelshemisphäre standen, zogen ab und lösten sich kontinuierlich auf. Während ich den 16-Zöller aufbaute, stieß Martin hinzu und brachte noch Verstärkung mit, sodass wir zu fünft waren.

Die Dämmerung zog sich ewig hin und ich langweilte mich. Stand an das Bäumchen gelehnt und blickte über den Acker in den Westen, wo der helle Jupiter mit den Wolkenschleiern kämpfte. Spannend wurde es kurzzeitig, als aus den Tiefen des Militärgeländes die Geräusche eines Maschinengewehres dröhnten. Ein tiefes, kurzes Knallen. Sehr aufregend.

22:45 Uhr war es dann eeendlich so dunkel, dass man das erste Objekt aufsuchen konnte. Es waren noch Reste in der Jungfrau verblieben, für die ich in den vorigen Beobachtungsnächten keine Zeit (oder Motivation) mehr hatte. Die erste H-400-Galaxie hieß NGC 4856, die sich nahe der Grenze zum Raben herumtrieb und östlich einer auffälligen Formation hellerer Feldsterne stand. Auf dem ersten Blick recht diffus – ich merkte, dass ich schon eine Weile nicht mehr beobachtet hatte. Bei 129x zeigte die NO-SW-liegende Galaxie ihre längliche Gestalt (1:3), ein helles Zentralgebiet und eine eher diffuse Abgrenzung vom Hintergrund. Unmittelbar südöstlich davon tauchte eine Aufhellung auf, die sich bei höherer Vergrößerung als Vordergrundsternchen herausstellte. NGC 4856 besaß recht spitze Enden, die allerdings nach außen hin schnell an Helligkeit verloren.


Keine 6° südwestlich von Spica hatte ich mir mit NGC 5054 ein weiteres Herschel-Objekt herausgesucht, das ein Schmankerl aufwies: Es war Mitglied einer kleinen Gruppe mehrerer NGC-Galaxien. Das Objekt präsentierte sich in der Übersicht als groß, aber diffus und daher nicht übermäßig auffällig. Eierig-ovale Gestalt, N-S-ausgerichtet. Zur Mitte hin nur geringfügig heller. In den Außenbereichen tauchten einige schwache Vordergrundsternchen und die Grenzen der Galaxie waren nicht eindeutig auszumachen. Unruhiger Eindruck über die gesamte Fläche, eckig wirkend.


Nur etwa 25‘ nordwestlich von ihr befand sich NGC 5044, die viel auffälliger daherkam und rund geformt war. Das Zentralgebiet schien deutlich heller, wies jedoch auch keinen Kern auf und ging sehr diffus in den Hintergrund über. Sie bildete mit NGC 5046 und 5049 ein gleichschenkliges Dreieck. Die beiden sahen sich sehr ähnlich; gleiche Helligkeiten („schwache Flusen“) und rund geformt, wobei die östlichere 5049 schwache Spitzen zu besitzen schien.

Südlich dieses Trios, 7‘ entfernt, befand sich NGC 5047, die sich als flauer, langgezogener Nebelbarren mit einheitlicher Helligkeit präsentierte. Von ihr aus, noch einmal 12‘ südwestlich, saß die auffälligere NGC 5037. Sie war ebenfalls länglicher Gestalt, etwas spitzer auslaufend, SO-NW-gekippt und wurde an der Nordspitze geziert von einem Vordergrundstern.

Unmittelbar nordwestlich von NGC 5037 befanden sich zwei hellere Feldsterne, zwischen denen, genau mittig, NGC 5035 als kleines rundes Wölkchen auftauchte. Sie war nicht durchgängig haltbar, aber zumindest ein schwacher Kern deutete sich an.

Das östlichste Mitglied dieser Galaxiengruppe war NGC 5030, aber ich konnte sie nicht ganz eindeutig festmachen. Es zeigte sich nur blickweise eine sehr fade Wolke, obwohl sie, hinsichtlich Helligkeits- und Ausdehnungsangaben, durchaus mit der Vorgängerin mithalten konnte.


Naja, so richtig doll war das eh nicht in dieser Nacht. Am Westhorizont hob sich eine helle Luftschicht ab – in dieser Richtung befand sich der Nebel, den wir auf der Fahrt durch den westlichen Fläming überall sahen, und er schien das Licht der Ortschaften stark nach oben zu streuen. Und auch der Himmel über uns schien nicht soo gut, wie wir es schon erlebt hatten. Das SQM-L zeigte „nur“ einen Wert von 21,57 mag/arcsec², die Grenzgröße schätzte ich auf 6,1 oder 6,2. In Schweinitz drehten die Hunde noch einmal richtig auf und leisteten sich mit den Schafen ein tierisches Konzert. Starke Nerven waren gefragt…


Das Teleskop blieb in der Virgo und ich schwenkte auf Hickson 67, die mitten in einer sehr markanten Sterngruppe stand und auch schon in der Übersichtsvergrößerung als Nebelklumpen auftauchte. Bei 200x zeigte sich NGC 5306 unzweifelhaft als dominantestes Mitglied, mit rundlicher Gestalt und hellem Zentrum. No problemo. An den anderen vier Galaxien jedoch biss ich mir lange die Zähne aus. Am ehesten glaubte ich, PGC 49040 zu erkennen, die sich ein Stückerl nördlich der „Leaderin“ befand. Wahrscheinlich war es nur ein Vordergrundstern, aber irgendwas blitzte dort definitiv auf. Ob PGC 49017 westlich davon tatsächlich als fader Strich für Sekundenbruchteile auftauchte, kann ich auch nicht mit Sicherheit sagen. – Summa summarum eine ziemliche Enttäuschung, aber vielleicht hingen die Trauben, in Bezug auf die Bedingungen, einfach zu hoch.


Aus dem Militärgelände dröhnten die Geräusche eines lauten Fahrzeuges und die Baumstämme des Waldes glommen im faden Licht eines Scheinwerfers auf. Wir befürchteten, dass das Gefährt durch die Schranke, und somit auf unseren Feldweg, fahren wollte, doch sein Weg führte ihn weiter durch den Truppenübungsplatz und wir blieben ungestört. Es war 23:50 Uhr und ich trank Kaffee, „was Warmes für die Nacht“, da mir die Müdigkeit auflauerte. Ruhige Stimmung, sehr bedächtig. Die Tierwelt schlief endlich. Uwe freute sich über die Gestalt von PANSTARRS und bei Martin schien es auch gut zu laufen. Durch die drei fotografischen Montierungen, die sich diesmal vor Ort befanden, hörte es sich an, als würde im Dunkeln unregelmäßig ein tollwütiger Akkuschrauber durchdrehen. Es war windstill, mit 11°C recht warm und ich freute mich, dass mein Kuli anstandslos schrieb. Die Milchstraße, die im Nordosten quer über den Baumwipfeln lag, war nur schwach erkennbar.


Während ich mich bei den vorigen Beobachtungen immer irgendwie verrenken musste, hatte ich beim Einstellen von NGC 4866 den Okularaufzug endlich wieder auf Augenhöhe, denn diese Galaxie befand sich knapp an der Grenze zwischen CBr und Vir. Sie war ein problemloses Ziel. Scharfe, klare Konturen und langgestreckte Form, etwa ein 1:4-Achsenverhältnis und in bester O-W-Lage. Bei indirektem Sehen wirkte sie noch weitläufiger. Auch das helle Zentrum war markant abgegrenzt und beinhaltete einen stellaren Kern. In der Westhälfte von NGC 4866 saß ein auffälliger Vordergrundstern. Die Enden des Nebels waren nicht allzu spitz, sondern eher abgerundet. Bei 200x erschien zwischen Kern und dem Sternchen eine etwas dunklere Zone oder Einbuchtung. Gefiel mir, diese Galaxie!


Unweit von diesem netten Geheimtipp und gut 2° westlich von Epsilon Virginis entfernt, befindet sich das nächste Highlight in Form eines Pärchens: NGC 4754 und 4762. Schon in der Übersicht eine wunderschöne Konstellation aus zwei sehr auffälligen Nebeln. Erstgenannte erschien bei 129x als deutlich runder und bildete damit einen schönen Kontrast zu ihrer Nachbarin, einer langen Lichtnadel. NGC 4754 hatte ein kräftiges, flächiges Zentrum, das gleichmäßig in den Hintergrund übergeht. Insgesamt detaillos und leicht oval gestaltet. NGC 4762 machte dagegen natürlich viel mehr her – eine extrem papierdünne Galaxie, deren Zentrum ebenso flach war, aber trotzdem mit einem hellen, stellaren Kern aufwarten konnte. Interessante Morphologie, wie plattgelatscht. Bei 200x bot sich der beste Eindruck und ich war kurz davor, mich zu einer Zeichnung aufzurappeln, doch ich hatte keine rechte Lust, den Block vorzukramen.


Jaa, ich weiß, die Arbeitsmoral… Doch ich war einfach schon recht müde. Ein kleiner Sprint zur Waldkante reaktivierte kurzzeitig wieder die Geister, sodass es mit der Jagd weitergehen konnte. 20‘ südöstlich von M 60 lungerte NGC 4660 rum, die neben ihrer prominenten Nachbarin wie ein schlechter Witz wirkte. Aber nu gut, schaun mer ma. Klein und kompakt, linsenförmig, etwa O-W-ausgerichtet. Ein Achsenverhältnis von 1:2,5. Das Zentrum war recht hell und die Grenzen des Nebels gut definiert. Naja, kein allzu spannendes Ziel und eher langweilig, aber für die Quote seh‘ ich mir die gerne mal an.


Weiter ging es im Programm mit NGC 4639, die mit NGC 4654 im Doppel auftrat. Schön! Ich mag diese Pärchen. Eine ovale Form, 1:2, mit diffusen Rändern und einem Vordergrundsternchen, das sich knapp südöstlich der Galaxie befand. Das Zentrum war nur mäßig hell. Es war nicht so einfach, die Ausrichtung zu bestimmen, da die Fläche derart unruhig wirkte, dass die Konturen immer verwischten. Leider konnte ich diese sich andeutenden Details nicht genau fassen; es tauchten mehrfach diffuse Dunkelgebiete auf, vornehmlich östlich und westlich der Zentralregion.

Bevor ich endgültig kapitulierte, widmete ich meine verbliebene Aufmerksamkeit der bereits erwähnten NGC 4654. Sie war wesentlich größer und diffuser; „federweich“ notierte ich. Oval-rund, 1:2, und zur Mitte hin nur geringfügig heller werdend. Nahezu O-W-ausgerichtet. Trotz der Detailarmut ein beeindruckendes Teil.


Tja, liebe Leute, machen wir es offiziell: Ich bin müde und will ins Bett. Abgesehen davon, dass ich um 08:00 Uhr wieder für ein Praktikum auf der Matte stehen musste, worauf ich natürlich unheimlich Bock hatte, war das andere große Problem die drohende Unkonzentriertheit bei der Heimfahrt. Im Süden hing eine schwache Wolkenschicht, die aber harmlos blieb. Die Bedingungen waren okay, tendenziell besser werdend. Der Nebel kam, entgegen meiner anfänglichen Befürchtungen, nicht zu uns herüber und auch während der Fahrt in den Westen schien er sich komplett aufgelöst zu haben. Gegen 03:00 Uhr wieder in Magdeburg angekommen – drei kleine Stündchen Schlaf blieben mir also noch - muss reichen.

Fazit: Eine Beobachtungsnacht, so ähnlich wie der Lauf am Morgen. Eigentlich ganz gut, aber ich hatte mir mehr versprochen.

 


Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 06.05.2013

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